Ausland

Barrett hält sich bei Streitfragen bedeckt

  • Mittwoch, 14. Oktober 2020
Amy Coney Barrett wich gestern vielen heiklen Fragen aus. /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Alex Edelman
Amy Coney Barrett wich gestern vielen heiklen Fragen aus. /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Alex Edelman

Washington – Eine zermürbende Marathonbefragung der Kandidatin von Donald Trump für das Oberste Gericht der USA hat keine Klarheit darüber gebracht, wie sie bei kontro­versen Fragen wie dem Recht auf Schwangerschaftsabbruch oder gleichgeschlechtlichen Ehen ent­scheiden wird.

Die konservative Juristin Amy Coney Barrett weigerte sich gestern bei ihrer Anhörung im Senat, ihre Position zu früheren Urteilen des Gerichts zu diesen Themen offenzulegen. Zugleich betonte sie, dass sie unabhängig sei und ausgehend vom Gesetz statt nach ihren Überzeugungen entscheiden werde. Heute steht noch eine Fragerunde an.

Barrett soll nach Trumps Willen Nachfolgerin der jüngst verstorbenen liberalen Richterin Ruth Bader Ginsburg werden. Mit ihr bekämen die Konservativen im Supreme Court eine dominierende Mehrheit von sechs der neun Sitze. Das Gericht hat oft das letzte Wort bei politisch umkämpften Fragen.

Wenn sie eine Meinung zu einem Präzedenzfall äußern würde, könne dies Parteien einen Hinweis darauf geben, zu welcher Entscheidung sie in einem konkreten Fall neigen wür­de, begründete Barrett ihre ausweichenden Antworten im Justizausschuss des Senats.

Konkret wollte sie sich nicht dazu äußern, ob aus ihrer Sicht zwei Präzedenzurteile des Obersten Gerichts, die einige Konservative in den USA kippen wollen, richtig oder falsch waren.

Es sind das Urteil Roe v. Wade von 1973, das das Recht von Frauen auf Schwangerschafts­abbrüche für von der US-Verfassung gedeckt erklärte, sowie Obergefell v. Hodges, mit dem dies 2015 auch für gleichgeschlechtliche Ehen festgestellt wurde. Barrett sagte zu­gleich, dass sie Diskriminierung „abscheulich“ finde. „Ich würde nie auf Basis sexueller Vorlieben diskriminieren.“

Dieser Satz brachte Barrett Kritik ein – mit der Begründung, dass sie durch die Wortwahl „Vorlieben“ voraussetze, dass dies etwas sei, worüber ein Mensch frei entscheide. Nach einem Hinweis darauf entschuldigte sie sich: Sie habe niemanden beleidigen wollen.

Barrett zeigte in der zum Teil kontroversen elfstündigen Befragung nur selten Emotionen. „Der Ausschuss solle mehr Vertrauen in meine Integrität haben als zu denken, dass ich mich als Schachfigur missbrauchen lasse, um den Wahlausgang für das amerikanische Volk zu entscheiden“, sagte sie an einer Stelle.

Barrett bezog sich bei ihrer Weigerung, zu Präzedenzfällen Stellung zu nehmen, auch auf die „Ginsburg-Regel“. Die legendäre Richterin hatte seinerzeit bei ihrer Anhörung 1993 gesagt, sie werde „keine Andeutungen, keine Prognosen, keine Ausblicke“ dazu machen, wie sie in künftigen Fällen urteilen werde.

Allerdings hinderte das Ginsburg damals nicht daran, sich klar hinter die Entscheidung des Obersten Gerichts zum Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zu stellen. Sie betonte, Frauen müssten das Recht haben, darüber zu entscheiden, weil sie sonst aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt würden.

Die Richter werden vom Präsidenten vorgeschlagen und vom Senat auf Lebenszeit er­nannt. Die Republikaner halten im Senat 53 der 100 Sitze. Die Demokraten können eine Ernennung Barretts nicht aus eigener Kraft verhindern.

Ihre Strategie ist deswegen, die Wähler mit der Warnung zu mobilisieren, dass ein Gericht mit Barrett die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama kippen dürfte. Barrett hielt sich auch bei ihrer Position zu „Obamacare“ bedeckt.

Sie betonte aber, dass sie keine Unterhaltung mit Trump zu konkreten Fällen geführt ha­be. „Ich habe niemandem Zusagen gegeben, wie ich einen Fall entscheiden könnte.“ Sie sei auch nicht „feindselig“ gegenüber der Obama-Reform eingestellt, versicherte sie.

Barrett hatte die Argumentation des Obersten Gerichts bei einem Urteil kritisiert, mit dem die Reform für verfassungskonform erklärt wurde. Sie betonte jetzt, die Einschät­zung habe sich nur auf einen damals behandelten Aspekt bezogen und sollte nicht als Hinweis auf ihre künftige Position gewertet werden.

dpa

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