Bei betrieblicher Gesundheitsprävention stärkeren Fokus auf Passgenauigkeit setzen

Berlin – Die Unterschiede bei den Arbeitsunfähigkeitstagen (AU-Tage) von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Abhängigkeit von Faktoren wie Geschlecht und Alter sollten verstärkt bei der Gesundheitsprävention in der Arbeitswelt beachtet werden. Dafür plädierte heute der BKK Dachverband.
„Betriebe sollten die unterschiedlichen Erfahrungen, Fähigkeiten und Lebensrealitäten ihrer Beschäftigten nicht als Bürde, sondern als Chance und Ressource begreifen und diese Vielfalt wertschätzen. Vielfalt im Betrieb oder Unternehmen kann ein wichtiger Erfolgsfaktor sein“, betonte Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, im Rahmen der Vorstellung des BKK Gesundheitsreports.
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sei es wichtig, ein gesundheitsförderndes Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich die Beschäftigten wohlfühlten, so Klemm. Zu beachten sei, dass sich die berufstätigen Versicherten mit Blick auf die jeweiligen gesundheitlichen Bedarfe und Anforderungen an die Versorgung in vielerlei Hinsicht unterscheiden würden.
Wie der BKK-Report zeigt, haben Frauen deutlich mehr Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen, während Männer länger wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen oder Verletzungen arbeitsunfähig sind.
Auch das Alter spielt eine zentrale Rolle: Mit zunehmendem Alter steigen die Fehlzeiten bei fast allen Krankheitsarten. Das zeigt sich besonders deutlich bei Muskel-Skelett-Erkrankungen. Beschäftigte ab 40 Jahren verzeichnen fast dreimal so viele Fehltage wie jüngere Kolleginnen und Kollegen.
Noch gravierender ist der Abstand bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hier liegt die Zahl der Fehltage bei den über 40-Jährigen sogar um das Sechsfache höher. Allerdings spielen nicht nur Geschlecht und Alter eine Rolle – auch Faktoren wie Wohnort, Branche oder Beruf beeinflussen, wie häufig Menschen erkranken und welche Leistungen sie in Anspruch nehmen. So weisen körperlich belastende Berufe, etwa im Gesundheitswesen, besonders hohe Krankenstände auf.
Klemm appellierte in Richtung der Unternehmen, Strukturen und Prozesse in den Bereichen Personal, Kommunikation und Gesundheitsmanagement entsprechend anzupassen. Ein solches Engagement sei auch im Interesse der Arbeitgeber, da so ein Beitrag für gesunde Mitarbeitende und für eine erfolgreiche Gewinnung und Bindung von Fachkräften geleistet werden könne.
Dem pflichtete Bertolt Meyer, Inhaber der Professur für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie der TU Chemnitz und Herausgeber des BKK Gesundheitsreports, bei. Er unterstrich die Bedeutung einer noch passgenaueren Prävention.
„In Zeiten anhaltend hoher Krankenstände ist eine wirkungsvollere Gesundheitsprävention in der Arbeitswelt notwendig. Wirkungsvoller heißt auch zielgruppenorientiert. Alleinerziehende Mütter in Pflegeberufen profitieren von anderen Angeboten als Produktionsmitarbeiter am Band“, betonte Meyer.
Wie die Auswertung der Arbeitsunfähigkeitsdaten im BKK Gesundheitsreports zeigt, blieb der Krankenstand im Berichtsjahr 2024 mit durchschnittlich 22,3 Fehltagen je Beschäftigten auf einem hohen Niveau (2023: 22,4). Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle stagnierte bei 1,96 je Beschäftigten.
Die durchschnittliche Falldauer sank mit 11,4 Tagen auf einen neuen Tiefstwert. Für den BKK Dachverband stellt dies einen Hinweis auf viele Kurzzeitfälle, die vor allem durch Atemwegserkrankungen verursacht werden, dar.
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