Bürokratieabbau und mehr Anerkennung: KV Bayerns hofft auf Lauterbach

München – Massenhafte Coronainfektionen, Millionen von Impfungen, Zehntausende Long-COVID-Patienten: Die bayerischen Kassenärzte vermissen einen finanziellen Ausgleich für die Belastungen durch die Coronapandemie.
Auch darüber hinaus üben sie deutliche Kritik am jüngst ausgeschiedenen Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Den Amtsantritt seines Nachfolgers Karl Lauterbach (SPD) verbinden die Ärzte im Freistaat „mit einer Hoffnung, die Probleme, die uns sein Vorgänger hinterlassen hat, in Zukunft anders anzugehen“, wie der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), Wolfgang Krombholz, heute in München sagte.
Dazu gehöre vor allem ein signifikanter Abbau der Bürokratie in den Praxen, betonte KVB-Vorstandsmitglied Pedro Schmelz. Auch dürften die Vorgaben des Ministeriums nicht mehr wie etwa bei der Digitalisierung mit Druck und Sanktionen durchgesetzt werden. Die „gesetzgeberischen Zumutungen aus Berlin“ hätten bereits dazu geführt, dass junge Mediziner keine Praxen mehr übernehmen wollten und dadurch in einigen Regionen Lücken in der ambulanten Versorgung entstanden seien.
Schmelz zufolge sind Teile des Freistaats mit Hautärzten, Hals-Nasen-Ohren- sowie Augenärzten unterversorgt – zudem zeichne sich ein Mangel an Nerven- und Kinderärzten ab. Im Augenblick müssten Ärzte in der Praxis pro Jahr 61 Arbeitstage für bürokratische Vorgänge investieren. „Wenn die neue Regierung das beherzt angeht, schafft sie ein effektives Niederlassungsförderungsprogramm“, sagte Schmelz.
Ein Nachwuchsproblem gibt es auch beim Notarztdienst: „Trotz einer Erhöhung der Vergütung für die Notärztinnen und Notärzte um rund 20 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 macht uns die Besetzungsquote an den Notarztstandorten Sorgen“, hieß es aus der KVB.
Immer weniger niedergelassene Äzte seien bereit, den hohen Aufwand für die Tätigkeit als Notarzt in Kauf zu nehmen. Und auch die Kliniken könnten weniger leicht Personal dafür ein- beziehungsweise abstellen, als dies in früheren Zeiten der Fall gewesen sei. „Ergebnis ist, dass die Besetzungsquote über alle Notarztstandorte in Bayern hinweg von 98,10 Prozent im Jahr 2017 auf knapp unter 96 Prozent im laufenden Jahr gesunken ist“, informierte die KV.
Auf die Situation in der Psychotherapie wies KVB-Vorstandsmitglied Claudia Ritter-Rupp hin. So sei noch nicht berücksichtigt worden, dass es im psychotherapeutischen Bereich im ersten Halbjahr 2021 eine Steigerung der Fallzahlen bei den 12- bis 29-Jährigen von bis zu 25 Prozent gegeben habe. Doch während in München immerhin mehr als die Hälfte aller Praxen binnen drei Monaten einen langfristigen Therapieplatz anbieten könnten, seien es in Oberfranken weniger als 20 Prozent, informierte sie.
Die KVB wies zudem daraufhin, dass noch wenige Tage lang die Möglichkeit bestehe, die Onlinepetition mit dem Titel „Kassenarztrecht – Einführung von Flächentests zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und zum eRezept“ online zu unterzeichnen.
Ihre Kernaussage ist, dass Anwendungen wie die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder das elektronische Rezept in den ersten zwölf Monate als Testphase ausgestaltet werden müssen, an der sich die Anwender freiwillig beteiligen können.
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