Ärzteschaft

Bundesärztekammer warnt vor ärztlich assistiertem Suizid als Regelversorgung am Ende des Lebens

  • Mittwoch, 4. November 2015

Berlin – Im Vorfeld der Bundestagsabstimmung über eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe in Deutschland hat sich der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, strikt dagegen ausgesprochen, die Gesetzgebung zur Selbsttötung zu liberalisieren. Die Beihilfe zum Suizid sei keine ärztliche Aufgabe, stellte Montgomery in einer Videobotschaft klar. „Wir brauchen Palliativmedizin, wir brauchen Hospizarbeit, um den Menschen ein würdiges Sterben zu ermöglichen, und nicht den schnellen Exit“, betonte der BÄK-Präsident.

Montgomery wies daraufhin, dass es bei der Abstimmung am Freitag im Bundestag im Wesentlichen um zwei Konzepte gehe: „Wollen wir den ärztlich assistierten Suizid zu einer Regelleistung der Versorgung machen – das ist der Hintze/Lauterbach-Antrag – oder wollen wir nur Sterbehilfevereine verbieten und ansonsten alles beim Alten lassen – das ist der Brand/Griese-Antrag“, so Montgomery.

Er betonte, die BÄK habe sich für den Antrag der Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU) und Kerstin Griese (SPD) entschieden und diesen auch den Abgeordneten des Deutschen Bundestages empfohlen.

Montgomery trat Behauptungen entgegen, diese Regelung würde Ärzte kriminalisieren. Dies werde nur von seinen Gegnern ins Feld geführt, um Abgeordnete und Ärzte zu verunsichern. „Niemand muss diesen Antrag wegen irgendwelcher Kriminalisierungs­tendenzen fürchten“, so der BÄK-Präsident.

Eine systematischen Auswertung der Suizidraten in US-Staaten mit und ohne legalen ärztlich assistierten Suizid unterstützt jetzt die Haltung der BÄK: Wo es wie im US-Staat Oregon ein gesetzliches Recht auf ärztlich assistierten Suizid gibt, ist die Gesamt-Selbsttötungsrate nachweislich höher als in Staaten ohne Legalisierung des ärztlich assistierten Suizids.

Das belegt eine kürzlich veröffentlichte aufwändige statistische Analyse des Medizinethikers David Jones aus Oxford und des Wirtschafts­wissenschaftlers David Paton aus Nottingham, die unter anderem die Daten aus Oregon, Washington, Montana und Vermont untersucht und mit anderen Bundesstaaten vergleicht. Die Analyse widerlegt die „Oregon-Legende“, der zufolge die Legalisierung des ärztlich assistierten Suizids zu niedrigeren Selbstmordraten führen soll.

In Oregon begrenzt eine staatliche Priorisierungsliste die medizinischen Leistungen für Patienten, die nur über die soziale Mindestkrankenversorgung Medicare/Medicaid verfügen. Ausdrücklich wird jedoch darin erklärt, dass ärztlich assistierter Suizid von der Rationierung nicht betroffen ist.

Den offiziellen Jahresberichten Oregons ist zu entnehmen, dass inzwischen über 60 Prozent der ärztlich assistierten Suizide sozial schwache Menschen betrifft, die nur den sozialen Mindestkrankenversicherungsschutz haben. „Die Entwicklung in Oregon belegt, dass wir keinen Weg einschlagen sollten, der Oregon zum Vorbild nimmt“, kommentierte der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe die Analyse.

hil

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