Bundesarbeitsgericht: Keine Sonderstellung von DRK-Schwestern mehr

Erfurt – Zehntausende Kranke werden täglich von Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) gepflegt. Über deren rechtlichen Status machte sich kaum jemand Gedanken. Seit heute ist er neu geregelt: Die Schwestern gelten nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 1ABR 62/12 (A)) in Erfurt in Kliniken, die nicht zum DRK gehören, als Leiharbeiterinnen. Die Richter billigten ihnen keine arbeitsrechtliche Sonderrolle mehr als Mitglieder von Schwesternvereinen zu.
Vorausgegangen war eine Entscheidung (Az.: C-216/15) des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der vom Bundesarbeitsgericht gefragt worden war, ob die deutsche Regelung zu den Rotkreuz-Schwestern mit der europäischen Leiharbeitsrichtlinie vereinbar ist. Der EuGH erkannte im November 2016 den Sonderstatus der DRK-Schwestern nicht an, übertrug die Entscheidung aber den deutschen Richtern.
Das Urteil hat Konsequenzen für die bundesweit 33 Schwesternschaften, die sich gegen die Leiharbeiterrolle wehren. Denn der oft jahrelange Einsatz der Rotkreuzschwestern in anderen Kliniken wird nun zur Leiharbeit. Er gilt damit rechtlich als Arbeitnehmerüberlassung, die nach dem neuen Gesetz, das am 1. April 2017 in Kraft tritt, auf maximal 18 Monate begrenzt ist.
Ins Rollen gebracht hatte die juristische Neubewertung der Betriebsrat der Ruhrlandklinik in Essen. Er verweigerte seine Zustimmung, eine DRK-Schwester auf unbestimmte Zeit im Pflegedienst zu beschäftigen. Er sah darin einen Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Die Klinik zog wegen der verweigerten Betriebsratszustimmung vor Gericht – und gewann in den ersten beiden Instanzen. 2015 verhandelten die höchsten deutschen Arbeitsrichter in Erfurt den Fall. Jetzt entschieden sie: Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zurecht verweigert.
Weil die Gerichtsentscheidung von Brisanz für das Gesundheitswesen und das DRK zur Hilfe in Krisen- und Katastrophenfällen verpflichtet ist, wurde seit Monaten nach einem Ausweg gesucht: Ende vergangener Woche verständigten sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und DRK-Präsident Rudolf Seiters auf einen Weg zum Erhalt des bisherigen Schwesternschaftmodells. Nach Angaben beider Seiten soll das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zwar auf die DRK-Schwestern Anwendung finden. Ein Passus jedoch nicht: Die Befristung von Einsätzen auf 18 Monate. Das DRK-Gesetz soll ergänzt werden, heißt es.
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