Bundesjustizministerin gegen gesondertes Gesetz zu Beschneidungen

Berlin – Nach dem Willen von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) soll es kein gesondertes Gesetz zur Beschneidung von Jungen geben. Die Experten sind sich allerdings noch uneinig darüber, ob die Beschneidung besser im Strafrecht oder im Familienrecht geregelt werden kann, wie der Spiegel in seiner neuen Ausgabe berichtet. Der Deutsche Ethikrat wandte sich gegen vorschnelle gesetzliche Regelungen.
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen, sagte dem Focus, sie halte „Schnelligkeit“ in diesem Fall für „verfehlt“. Zunächst sei es wichtig, dass sich alle Beteiligten gemeinsam über das Thema verständigten. Diese Debatte schließe „natürlich die verschiedenen Glaubensgemeinschaften in Deutschland ein“, betonte Woopen. Der Ethikrat werde das Thema im August öffentlich diskutieren. Bis dahin werde es kein neues Gesetz geben.
Die FDP will bei einer Entscheidung über die neue Regelung im Bundestag den Fraktionszwang aufheben. „Bei einer solch grundsätzlichen Frage kann man niemanden zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zwingen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Liberalen, Jörg van Essen, dem Magazin. In der Union gibt es noch keine Entscheidung über den Fraktionszwang.
Der Bundestag hatte die Bundesregierung unlängst mit breiter Mehrheit aufgefordert, bis zum Herbst eine gesetzliche Grundlage für religiöse Beschneidungen zu schaffen. Hintergrund ist ein Urteil des Landgerichts Köln, das kürzlich die Beschneidung eines vierjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet hatte.
Die religiöse Beschneidung von jüdischen oder muslimischen Jungen bleibt in Baden-Württemberg vorerst straffrei. Dies erklärten die beiden Generalstaatsanwaltschaften im Südwesten auf Anfrage der Zeitung Sonntag Aktuell. „Wir werden bei derartigen Beschneidungen auch weiterhin in Württemberg nicht ermitteln und warten die bereits angekündigte gesetzliche Regelung ab“, sagte der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger.
Grünen-Chef Cem Özdemir forderte erneut die Zulassung der religiös begründeten Beschneidung und lehnt es ab, den Eingriff erst bei Jugendlichen in höherem Alter zu erlauben. „Für die Juden, die die Beschneidung kurz nach der Geburt durchführen lassen, wäre eine Altersgrenze katastrophal“, sagte Özdemir der Welt am Sonntag. Juden könnten damit in Deutschland de facto ihre Religion nicht mehr ausüben. Damit wandte sich Özdemir gegen die auch von einigen Grünen geteilte Forderung, die religiös begründete Beschneidung erst dann zuzulassen, wenn der Junge religionsmündig ist.
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