Bundestag fordert von Regierung Regelung für straffreie Beschneidung

Berlin – Im Streit um die Rechtmäßigkeit religiöser Beschneidungen minderjähriger Jungen soll die Bundesregierung bis zum Herbst einen Vorschlag für die gesetzliche Regelung vorlegen. Eine große Mehrheit der Bundestagsabgeordneten unterstützte am Donnerstag eine entsprechende Entschließung von Union, FDP und SPD. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte das „Hauruckverfahren“, in dem der Antrag entstanden sei.
Das Landgericht Köln hatte kürzlich die Beschneidung eines vierjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet und damit einen Sturm des Protests in muslimischen und jüdischen Gemeinden ausgelöst. In ihrer Entschließung machen die beteiligten Bundestagsfraktionen deutlich, dass jüdisches und muslimisches Leben in Deutschland weiter möglich sein müsse. „Die rechtliche Einordnung der Beschneidung muss so schnell und so gründlich wie möglich geklärt werden“, heißt es in dem Text.
Betont wird in der Entschließung auch, dass sich aus der gesetzlichen Klarstellung bei der Einordnung der Beschneidung keine „Präjudizwirkung für andere körperliche Eingriffe aus religiösen Gründen“ ergeben dürfe. Der Bundestag bekräftigte seine Verurteilung der in Deutschland verbotenen weiblichen Genitalverstümmelung.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte vor der Sondersitzung des Bundestags bekräftigt, das Parlament müsse „die Bundesregierung auffordern, jetzt tätig zu werden, um Unsicherheiten, die es bei religiösen Gruppen gibt, aber auch bei Ärzten und Eltern zu bereinigen“. SPD-Fraktionsvize Christine Lambrecht warnte in der kurzen Debatte zu der Entschließung vor anhaltender Rechtsunsicherheit. Es bestehe die Gefahr, dass Eltern Beschneidungen in Hinterzimmern machen ließen oder ein Beschneidungstourismus entstehe.
Das Beschneiden von Jungen im Zusammenhang mit der Religionsausübung müsse „weiterhin straffrei möglich sein“, wenn sie medizinisch fachgerecht und so schmerzfrei wie möglich erfolge, forderte auch der CDU-Abgeordnete Günter Krings. Eine Debatte über den Sinn der Beschneidung innerhalb der Religionsgemeinschaften sei zwar richtig, dürfe „aber nicht mit dem Damokles-Schwert der Strafbarkeit stattfinden“.
Die Grünen schlossen sich dem Antrag nach längerer Verhandlung mit den anderen Fraktionen nicht an, auch wenn zahlreiche Grünen-Abgeordnete für die Entschließung votierten. Künast begründete dies mit der fehlenden Zeit für ausgiebige Beratungen. Es müsse gründlich die Frage erörtert werden, wie die drei Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit des Kindes, der Religionsfreiheit und der elterlichen Sorge in der Praxis zusammengebracht werden könnten.
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