Bundeskabinett bringt höheren Steuerzuschuss für 2022 auf den Weg
Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) soll im neuen Jahr eine zusätzliche Milliardenspritze vom Bund bekommen, um die Beiträge stabil zu halten. Das sieht eine Verordnung aus dem Haus des geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, die das geschäftsführende Bundeskabinett auf den Weg gebracht hat.
Im Einvernehmen mit dem Finanzressort soll der Zuschuss für 2022 demnach um nochmals sieben Milliarden Euro aufgestockt werden – auf dann insgesamt 28,5 Milliarden Euro. Der Bundestag muss den Plänen noch zustimmen.
Die Große Koalition hatte bereits gesetzlich festgelegt, dass der Bund 2022 zunächst sieben Milliarden Euro als Extrazuschuss an die Krankenkassen gibt – über die regulären 14,5 Milliarden Euro hinaus.
Bei Bedarf sollte dieser ergänzende Zuschuss aber so erhöht werden können, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag das heutige Niveau von 1,3 Prozent nicht übersteigt. Der zuständige Schätzerkreis hatte kürzlich sieben Milliarden Euro als Mehrbedarf für 2022 ermittelt.
Der GKV-Spitzenverband begrüßte die Schritte. „Jetzt kommt es darauf an, dass der Bundestag bis Mitte November zustimmt, damit die Kassen eine verbindliche Basis für ihre Haushaltsplanung 2022 haben“, sagte die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer.
Das Gesundheitsministerium betonte in der Vorlage, durch die Beitragsstabilisierung leiste der Bund „einen erheblichen Beitrag zur Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge auf unter 40 Prozent und damit zur schnelleren Erholung der Wirtschaft nach der COVID-19-Pandemie.“
Pfeiffer forderte mittelfristig grundsätzliche Entscheidungen zur Stabilisierung der Kassenfinanzen. „Hier ist die neue Bundesregierung gefordert.“ Sie müsse endlich das Problem der „Unterfinanzierung“ der Versorgung von Arbeitslosengeld-II-Empfängern lösen. Mit deutlich zu niedrigen Beiträgen für sie entlaste sich der Bund jährlich um mehr als zehn Milliarden Euro auf Kosten der Beitragszahlenden.
Zudem zahlten Versicherte und Arbeitgeber Jahr für Jahr Milliarden an Mehrwertsteuer für Arzneimittel in den Bundesetat ein, für 2022 schätzungsweise neun Milliarden Euro. Schon der ermäßigte Steuersatz würde die gesetzliche Krankenversicherung um knapp sechs Milliarden Euro entlasten.
„Es sei nicht nachvollziehbar, dass für Austern, Schnittblumen und Ölgemälde lediglich der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent fällig wird, für Krebsmedikamente und Blutdrucksenker dagegen mit 19 Prozent von den Krankenkassen mehr als doppelt so hohe Steuern zu bezahlen sind“, sagte Pfeiffer.
Angesichts stetig steigender Ausgaben müsse auch der bestehende Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen dynamisiert werden. „Wenn bei steigenden Ausgaben der Bundeszuschuss eingefroren ist, wird er schleichend Jahr für Jahr entwertet.“
Die AOK mahnt ebenfalls an, an die Jahre danach zu denken. „Es ist gut, dass die zusätzliche Aufstockung der Finanzmittel aus dem Bundeshaushalt jetzt noch kurzfristig auf den Weg gebracht wurde. Aber wir wissen auch, dass der GKV im Jahr 2023 erneut mindestens 14 Milliarden Euro fehlen werden, die man über zusätzliche Bundesmittel und Einsparungen gegenfinanzieren muss“, sagte Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Deshalb müsse die künftige Bundesregierung die GKV-Finanzen über 2022 hinaus stabilisieren.
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