Politik

Bundeskabinett segnet höhere Vergütung für ärztliche Leichenschau ab

  • Mittwoch, 31. Juli 2019
Leichenschau-dpa
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Berlin – Das Bundeskabinett hat heute eine höhere Vergütung der ärztlichen Leichen­schau beschlossen. Der „Entwurf einer Fünften Verordnung zur Änderung der Gebühren­ordnung für Ärzte“ wurde ohne Aussprache verabschiedet. Neu ist im Vergleich zum Referentenentwurf, dass es für eine Unterschreitung der Dauer einer leitliniengerechten Leichenschau weniger Geld geben soll.

Grundsätzlich hält das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in seiner Verordnung an der bisher geplanten Vergütungshöhe – zuzüglich des Wegegeldes beziehungs­weise der Reiseentschä­digung und gegebenenfalls anfallender Zuschläge – fest. Diese soll sich wie bisher vorgesehen am Vorschlag einer Arbeitsgruppe der Arbeitsgemeinschaft der Obers­ten Landes­ge­sundheitsbehörden (AOLG) zur Verbesserung der Qualität der äußeren Lei­chenschau 2011 orientieren.

Die Arbeitsgruppe hatte eine Erhöhung der GOÄ bisher vorge­sehenen Vergütung befür­wor­tet und im Regelfall einen Betrag von 170 Euro als ange­messen erachtet. Derzeit können Ärzte dafür rund 51 Euro verlangen: Etwa wenn sie nachts oder am Wochen­ende gerufen werden. Ansonsten liegt der Satz mit knapp über 33 Euro deutlich niedriger.

Im Detail soll es für die vorläufige Leichenschau, die im Kern dem BMG zufolge der Fest­stellung des Todes und der Todesart (natürlicher Tod, Anhaltspunkt für einen nicht natür­lichen Tod oder ungeklärte Todesart) dient, rund 111 Euro geben. Da eine sorgfältige leitliniengerechte Leichenschau rund 30 Minuten dauere, würden 20 Minuten als Min­destdauer für die Vergütung vorgegeben, schreibt das Ministerium. Neu eingeführt ist die Regelung, dass 60 Prozent abgerechnet werden dürfen, wenn die Mindestzeit von 20 Minuten in beson­deren Fällen unterschritten wurde. Sie muss aber mindestens noch 10 Minuten betragen.

Zuschläge vorgesehen

Ähnliches gilt für die eingehende Leichenschau. Deren Umfang ergibt sich laut BMG aus dem jeweiligen Landesrecht. Die durchschnittliche leitliniengerechte Dauer beträgt demnach 60 Minuten. Vorgegeben würden für die Abrechnung 40 Minuten. Abgerechnet werden können dafür künftig rund 166 Euro. Neu ist, wenn in besonderen Fällen die Zeit für die Leichenschau unterschritten wird – aber noch mindestens 20 Minuten dauert – 60 Prozent abgerechnet werden können.

Vorläufige und eingehende Leichenschau können nicht nebeneinander berechnet werden. Zuschläge gibt es in beiden Fällen für weitere Besonderheiten. So können Ärzte bei Leichen mit unbekannter Identität rund 28 Euro berechnen. Allein der Umstand, dass eine Leichenschau bei einem dem Arzt nicht bekannten Toten erfolge, berechtige aber nicht zur Berechnung des Zuschlags, stellt das BMG in der Begründung klar.

Darüber hinaus gibt es Zusatzvergütungen für die Entnahme von Körperflüssigkeit (rund neun Euro), der Bulbusentnahme (etwa 14,50 Euro), der Hornhautentnahme aus einem Auge (rund 13,50 Euro) und der Entnahme eines Herzschrittmachers (rund 13 Euro).

Aus Sicht des Ministeriums ist bei der ärztliche Untersuchung eines To­ten mit der Fest­stellung des Todes und der Qualifikation der Todesart eine „besondere Sorg­falt“ notwen­dig – einschließlich des notwendigen Zeitaufwandes und der fachlichen Qualifika­tion.

Darüber hinaus würden „mit der Leichenschau auch wichtige der Rechtssicherheit und weiteren öffentlichen Interessen dienende Aufgaben wahrgenommen“. Die im Gebühren­verzeichnis der GOÄ enthaltenen Gebührenpositionen und das damit festgelegte Honorar für die Todesfeststellung entsprächen jedoch nicht mehr den Anforderungen.

Von der Bundes­ärzte­kammer (BÄK) hieß es bereits im April zur geplanten Reform, die Leichenschau sei für Ärzte derzeit „nicht einmal annähernd kostendeckend“, wie der heu­tige BÄK-Präsident und damalige Vor­sitzende des Ausschusses „Gebührenordnung für Ärzte“, Klaus Reinhardt, erklärte. Es sei gut, dass das Ministerium im Wesentlichen die Vorschläge der Ärzte aufgegriffen habe.

Die Kosten der Reform tragen im Wesentlichen die Angehörigen und Erben. Das Ministe­rium rechnet mit Mehrkosten von rund 78,9 Millionen Euro pro Jahr, die im Rahmen der Bestattungskosten aufzu­bringen seien. Die Mehrkosten für Städte und Gemeinden schätzt das BMG durch ordnungs­rechtliche Bestattun­gen und Sozialbe­stattungen auf rund 3,3 Millionen Euro. Die Verordnung soll zum 1. Januar 2020 in Kraft treten.

Linke: Kassen sollen die Kosten tragen

Die Linken im Bundestag halten den Weg der Bundesregierung für falsch. „Wer stirbt, wird der­zeit automatisch zum Privatpatienten“, sagte Achim Kessler, Linken-Sprecher für Ge­sund­heitsökonomie. Ärzte sollen die Leistung angemessen finanziert bekommen und die Leichenschau or­dentlich und mit ausreichend Zeit leisten können. Das sei nicht nur für die kriminalistische Aufklärung von Todesfällen wichtig, sondern auch, um Gefahren für das Leben durch Forschung an Todesursachen feststellen und verringern zu können.

Allerdings hätten die An­gehörigen nach einem Sterbefall genug um die Ohren und könn­ten mit dem Arzt keine Verhandlungen über angemessene Gebühren abhalten. Kessler schlägt daher vor, dass die Krankenkassen die ärztliche Leichenschau als Leistung für ihre ver­storbenen Versi­cherten übernehmen und mit den Ärzten über ein angemessenes Honorar und die Quali­tät verhandeln sollten.

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