Bundesrat für rezeptfreie Abgabe der „Pille danach”
Berlin – Frauen erhalten möglicherweise die sogenannte Pille danach bald ohne Rezept. Auf eine entsprechende Änderung der Arzneimittelverordnung einigte sich am Freitag der Bundesrat. Die Länderkammer stimmte dafür, die Verschreibungspflicht für das Arzneimittel Levonorgestrel aufzuheben. Frauen soll dadurch das Medikament zur Verhinderung einer Schwangerschaft leichter zugänglich gemacht werden.
Der Bundesrat verwies in seiner Entschließung auf die Erfahrungen anderer europäischer Länder, wo das Mittel seit längerem ohne Rezept erhältlich ist. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche sei dort gesunken, zudem hätten Studien belegt, dass die Rezeptfreiheit nicht zu einer Zunahme von riskantem Sexualverhalten geführt habe.
„Bei der Einnahme der 'Pille danach' ist es äußerst wichtig, dass diese schnell erfolgt“, erklärte die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD). „Wenn wie jetzt ein Rezept erforderlich ist, dann kann es gerade an Wochenenden passieren, dass viel Zeit verstreicht und eine ungewollte Schwangerschaft nicht mehr sicher vermieden werden kann.“
Gynäkologen skeptisch
Beim Berufsverband der Frauenärzte stieß die Vorlage aus dem Bundesrat auf Skepsis. „Wir hoffen, dass die Einführung der Rezeptfreiheit nicht zu einer Verschlechterung der Betreuung und Beratung dieser Mädchen und Frauen und damit zu einer Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen führen wird“, erklärte der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Christian Albring. „Denn die Mädchen und Frauen wissen ohne Beratung vielfach nicht, wann und wie sie das Medikament einnehmen sollen.“
Der Verband wies zudem darauf hin, dass das Mittel Levonorgestrel als „Pille danach“ weniger wirksam sei als das Präparat Ulipristalacetat, dass auch nach der Initiative des Bundesrats nach wie vor verschreibungspflichtig bleiben würde. Den Angaben zufolge kann Levonorgestrel innerhalb der ersten 24 Stunden nur etwa ein Drittel der Schwangerschaften verhindern.
Kritisch äußerte sich auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Jens Spahn. „Die Pille danach ist ein Medikament mit Nebenwirkungen und deshalb ist es richtig, dass der Einnahme eine ärztliche Beratung vorausgeht. Warum der Bundesrat das anders sieht, ist mir schleierhaft", erklärte Spahn. Er verwies auf die Anhörung des Gesundheitsausschusses, in der deutlich wurde, „dass die Einnahme der Pille danach mit erheblichen hormonellen Belastungen verbunden ist, in deren Folge beispielsweise in manchen Fällen ein gefährliches Thromboserisiko besteht."
Ob die Änderung in Kraft tritt, entscheidet das Bundesgesundheitsministerium. Ein Ministeriumssprecher erklärte, mit dem Thema sei bereits der Sachverständigenrat beschäftigt. Da dieser erst am 14. Januar des kommenden Jahres zusammenkomme, werde der künftige Gesundheitsminister über die Änderung entscheiden.
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