Bundesrat setzt Kioske, Primärversorgungszentren und Gesundheitsregionen wieder auf die Agenda

Berlin – Der Bundesrat hat sich am vergangenen Freitag in einer ersten Befassung mit dem geplanten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) beschäftigt. Dabei haben die vier beteiligten Ausschüsse – Gesundheit, Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik sowie Familie und Senioren und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten – ein 51-seitiges Papier mit Änderungswünschen eingebracht.
Darunter sind viele Vorschläge, die im ursprünglichen Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) enthalten waren, aber nach koalitionsinternen Diskussionen für den Kabinettsbeschluss wieder entfernt worden waren.
So fordern die Länder unter anderem die Gesundheitskioske zurück. Diese sollen wie zuvor geplant von den Kommunen gemeinsam mit den Landesverbänden der Krankenkassen gegründet werden können.
Ebenso definieren die Länder die möglichen Aufgaben der Gesundheitskioske: Sie sollen in „Regionen und Stadtteilen mit hohem Anteil an sozial benachteiligten Personen“ eingerichtet werden können.
Kommunen können hier mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen tätig werden, die Finanzierung soll zu 50 Prozent von den Krankenkassen getragen werden, zu 44,5 Prozent von den beteiligten Kommunen. Weitere 5,5 Prozent sollen die privaten Krankenversicherungsunternehmen beisteuern.
Dabei sollen die Kioske an schon vorhandene Beratungsstellen „oder Einrichtungen, an denen schon Gesundheitsleistungen erbracht werden, angebunden werden und stellen auch ein digitales und telefonisches Angebot zur Verfügung“, heißt es in der Gesetzesvorlage.
Auch der ursprüngliche Plan der Primärversorgungszentren kommt per Vorschlag aus dem Bundesrat wieder in die Debatte zurück. Hier sollen nach Vorstellung der Länder „je nach regionalem Bedarf neben hausärztlicher auch pädiatrische, gynäkologische, psychotherapeutische und je nach regionalem Bedarf weitere medizinische Grundversorgung angeboten werden“.
Träger der Zentren können Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaften oder medizinische Versorgungszentren sowie anerkannte Praxisnetze werden. Ein interprofessionelles Team solle mindestens einen vollen hausärztlichen Versorgungsauftrag haben, dazu kommen weitere Pflegefachpersonen, sowie je nach Größe Versorgungsaufträge der anderen Facharztgruppen.
Nach Vorstellungen der Länder sollen die Zentren eine Kooperationsvereinbarung mit der jeweiligen Kommune sowie mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst vor Ort schließen, um Präventions- und Beratungsangebote anbieten zu können.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband sollen für diesen „neuen Versorgungsansatz“ den Auftrag erhalten, „das gesetzgeberische Konzept von Primärversorgungszentren zu konkretisieren und Einzelheiten zu regeln“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Dazu gehören auch die Honorierung sowie die erforderliche personelle Ausstattung.
Die Gesundheitsregionen nach Paragraf 140b sollen ebenso zurück in das Gesetz gelangen, wenn es nach den Wünschen der Länder geht. Dabei können Kommunen gemeinsam mit den Krankenkassen einen Vertrag schließen, um „eine bedarfsorientierte, wirtschaftliche und qualitätsorientierte, regionale sektorenübergreifende Versorgung sicher zu stellen“ oder die „regionalen Defizite in der Gesundheitsförderung und Prävention“ zu beheben.
Die Bundesländer bitten den Bund ebenso, Regelungen für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) neu aufzusetzen. Dabei geht es um die Gründung von kommunalen MVZ sowie um die investorengetriebenen MVZ. Für letztere hatten die Bundesländer im Juni 2023 ausführliche Vorschläge vorgelegt und den Bund zu einem „MVZ-Regulierungsgesetz“ aufgefordert.
In den Gesetzesvorschlägen vom Bundesrat gibt es noch weitere Themen für die Versorgung: So werden die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen aufgefordert, die Förderung der Weiterbildungsstellen auf den Bereich der Kinder- und Jugendmedizin auszubauen.
Es sollte „die Weiterbildungsförderung der Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Weiterbildungsförderung der Allgemeinmedizin ohne Höchstanzahl an Förderstellen ermöglicht werden“, schreiben die Länder.
Auch sollen auf Wunsch der Länder im GVSG die Pflegeberufe in ihrer berufsständischen Vertretung gestärkt werden. So sollte die Pflege ein Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bekommen. Ebenso wird der Bund aufgerufen zu prüfen, ob in einem anderen Gesetzgebungsverfahren die verschiedenen Berufsorganisationen der Pflege eine stärkere verbindliche Form der Mitwirkung im Gemeinsamen Bundesausschuss erhalten können.
In einem weiteren Änderungswunsch fordern die Länder die Bundesregierung auf, ein Gesetzgebungsverfahren zu einer ausreichenden Finanzierungsstruktur für die ambulante Weiterbildung von Fachpsychotherapeutinnen und Fachpsychotherapeuten in der ambulanten Versorgung sowie für den stationären Teil der Weiterbildung anzustreben.
Die bisher von der Bundesregierung angestrebte Regelung im GVSG reiche nicht aus „um die Weiterbildung finanziell abzusichern“, schreiben die Länder. Besonders der ambulante Teil werde derzeit nicht ausreichend berücksichtigt. Der Bund müsse darauf hinwirken, dass es nicht wegen mangelnder finanzieller Absicherung zu wenig ambulante Weiterbildungsplätze gebe.
Da das Gesetz im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist, geben die Länder zunächst nur eine Stellungnahme ab. Die Gegenäußerung der Bundesregierung zu den Wünschen der Länder wird am 17. Juli erwartet.
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