Bundesregierung sagt Kinderehen den Kampf an
Berlin – Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zur Bekämpfung von Kinderehen beschlossen. Demnach soll das Mindestalter für Trauungen in Deutschland künftig bei 18 Jahren liegen. Ende Juli 2016 waren laut Ausländerzentralregister knapp 1.500 in Deutschland lebende ausländische minderjährige Personen als verheiratet registriert.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle Ehen von Personen unter 16 Jahren grundsätzlich nichtig sein sollen. Ehen sollen demnach durch Gerichte aufgehoben werden, wenn ein Gatte zum Zeitpunkt der Eheschließung zwischen 16 und 18 Jahren alt war.
Nur in besonderen Härtefällen, etwa bei einer schweren und lebensbedrohlichen Erkrankung, könne davon abgesehen werden – und auch dann, wenn der minderjährige Gatte zwischenzeitlich volljährig geworden ist und die Ehe bestätigt. Diese Regelungen gelten auch für im Ausland geschlossene Ehen. Der Gesetzentwurf geht nun ins parlamentarische Verfahren.
Der Unabhängige Beauftrage für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, begrüßte den Kabinettsbeschluss. „Ehe darf kein Freibrief sein, um Sex mit Minderjährigen zu rechtfertigen“, sagte er. Die Festlegung des Ehealters auf 18 Jahre nannte er „ein klares Signal“, das die Bundesregierung bei einer Gesetzesänderung auch international aussende. Rörig betonte die Wichtigkeit, alle behördlichen Entscheidungen bei der Aufhebung der Minderjährigen-Ehe vor allem am Kindeswohl auszurichten. Im Vordergrund müsse immer das individuelle Wohl der Kinder und Jugendlichen stehen. Die Minderjährigen sollten umfassend über ihre Rechte sowie Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten aufgeklärt und bis zu ihrer Volljährigkeit durch die Jugendhilfe begleitet werden.
„Keinesfalls darf die Aufhebung der Ehen für die Minderjährigen dazu führen, dass ihre Rechte beschnitten werden, sie neuen Gefahren ausgesetzt sind oder dies zu asylrechtlichen Konsequenzen für sie führt“, erklärte der Beauftrage. Er verwies zudem auf die bestehenden Strafvorschriften in Deutschland, wonach Sex mit unter 14-Jährigen sexueller Kindesmissbrauch und in jedem Fall strafbar ist.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) kritisierte den Entwurf. „Der Schutz von minderjährig Verheirateten muss absoluten Vorrang haben. Die Pläne schütten aber das Kind mit dem Bade aus.“ Werde eine Ehe dieser Betroffenen annulliert, verlören sie alle Rechte aus der Ehe, wie etwa Unterhaltsansprüche. Hinzu komme, dass das Recht bereits die Möglichkeit biete, in jedem Einzelfall die Betroffenen zu schützen, sagte DAV-Expertin Eva Becker.
Dem Deutschen Institut für Menschenrechte griff der Entwurf zu kurz. Es forderte, statt einer Nichtigkeitserklärung auch die Aufhebbarkeit für Ehen von unter 16-Jährigen vorzusehen. Dies hätte den Vorteil, dass Rechte, die sich aus der Ehe für Minderjährige sowie für die in der Ehe gezeugten Kinder ergeben, automatisch bestehen blieben.
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