Bundesregierung will gewerbliche Suizidbeihilfe verbieten

Berlin – Am Mittwoch hat das Bundeskabinett nun einen Gesetzentwurf beschlossen, der die gewerbsmäßige, auf Gewinnerzielung abzielende Suizidbeihilfe unter Strafe stellt. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begründete diesen Schritt damit, dass Suizidbeihilfe als „Erwerbsmodell“ zu einer gewöhnlichen, auf Zuwachs angelegten „Dienstleistung“ werden könne. „Menschen könnten dazu verleitet werden, sich das Leben zu nehmen, obwohl sie dies ohne das kommerzielle Angebot vielleicht nicht getan hätten“, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Gerade alte und kranke Menschen könnten unter Druck geraten, um ihrem Umfeld nicht zur Last zu fallen.
Für die Ministerin stellt der Gesetzentwurf damit etwas unter Strafe, was bislang nicht strafbar war. Kritiker wie der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, werten das anders. Brysch sprach von einem „Bärendienst für Schwerstkranke und Sterbende": Viel interessanter als das, was der Gesetzentwurf regele, sei das, was er aus- und damit zulasse.
Seine zentrale Kritik, die auch von Kirchen und zahlreichen Unionspolitikern geteilt wird: Nur die erwerbsmäßige, aber nicht die geschäftsmäßige, auf Wiederholung ausgerichtete Beihilfe zum Suizid wird unter Strafe gestellt. Organisierte Suizidhelfer könnten sich in ihrem Tun bestätigt fühlen. „Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass jetzt schnell der Ruf nach Zulassung von tödlichen Medikamenten laut wird“, so Brysch.
Einen weiteren Kritikpunkt hat die Justizministerin zumindest entschärft: Der Entwurf legt nur noch fest, dass Angehörige oder andere nahestehende Personen einem Sterbenskranken straffrei Beihilfe leisten dürfen. Von Ärzten und Pflegekräften ist nicht mehr die Rede. Fest steht aber, dass mit dem Begriff „nahestehende Personen“ durchaus auch Ärzte gemeint sein können. Die Frage ist deshalb, ob sich die Rolle des Arztes nicht doch langfristig ändert.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hatte im Vorfeld klargestellt: „Als Sterbehelfer stehen wir Ärzte nicht zur Verfügung“. Ärzte hätten Sterbenden beizustehen, es sei ihnen aber verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten oder ihnen Hilfe zur Selbsttötung zu gewähren, hatte Montgomery betont. Entsprechendes sei in den Berufsordnungen der Ärztekammern klar geregelt. Festgelegt hatte sich im Frühsommer auch der diesjährige Deutsche Ärztetag: Er forderte ein generelles Verbot jeder Form von organisierter Sterbehilfe.
Der Sprecher des Justizministeriums, Anders Mertzlufft, wies die Kritik am Mittwoch erneut zurück. Der Entwurf enthalte keine Neuregelungen für Ärzte, sagte er in Berlin. Mediziner „waren nicht drin, sind nicht drin”. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, es werde „keine Tat straffrei sein, die bisher strafbar ist”.
„Pflegekräfte helfen den Menschen beim Leben, aber nicht beim Suizid“, betonte auch der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Dennoch wolle der Bundesverband prüfen, welche Auswirkungen die vorgesehene Straffreiheit für nahestehende Personen auf die Pflege habe, sagte bpa-Präsident Bernd Meurer. Pflegebedürftige hätten oft langjährige Vertrauensverhältnisse aufgebaut, die nicht gefährdet werden dürften.
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, meinte, das Problem an dem Entwurf sei, „dass sozusagen in einem Nebensatz, en passant, die Beihilfe zur Sterbehilfe, zum Selbstmord durch nahestehende Ärzte und Pflegekräfte straffrei gestellt werden solle".
Daher müsse das Gesetz im parlamentarischen Verfahren wieder auf seinen Kern, das Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe, reduziert werden. Es müsse dafür gesorgt werden, dass es in Deutschland eine so gute Palliativversorgung gebe, dass niemand unter Schmerzen sterben müsse, anstatt durch die Hintertür scheibchenweise Sterbehilfe zu legalisieren.
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