Bundessozialgericht kassiert Schiedsstellenspruch zum Gewinn für Pflegeeinrichtungen

Berlin – Schiedsstellen dürfen keinen pauschalen Gewinnzuschlag von vier Prozent für Pflegeeinrichtungen festsetzen. Das hat der 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) heute entschieden und damit das Urteil der Vorinstanz zur Festsetzung von Vergütungen und Entgelten einer Pflegeeinrichtung bestätigt (Az.: B 3 P 1/18 R).
Dem Gericht zufolge ist die Schiedsstelle in mehrfacher Hinsicht nicht gesetzeskonform vorgegangen. „Schiedsstellen müssen zunächst die Forderung einer Pflegeeinrichtung auf Erhöhung der Pflegevergütung und der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung anhand der dargelegten voraussichtlichen Gestehungskosten auf Schlüssigkeit und Plausibilität überprüfen“, schreibt das BSG heute in einer Mitteilung.
Sodann seien die Pflegesätze einschließlich einkalkulierter Gewinnzuschläge mit den Kostensätzen anderer Einrichtungen zu vergleichen, um die Leistungsgerechtigkeit der Vergütung bewerten zu können. Trotz des weiten Beurteilungsspielraums der Schiedsstelle müsse diese – nicht zuletzt auch im Interesse der am Verfahren nicht beteiligten Heimbewohner – alle gesetzlichen Vorgaben des SGB XI beachten, zu denen auch der Grundsatz der Beitragssatzstabilität gehöre.
„Eine pauschale Festsetzung des Gewinnzuschlags orientiert an den Verzugszinsen für Sozialleistungsberechtigte in Höhe von vier Prozent beachtet diese Vorgaben nicht und ist deshalb sachlich nicht gerechtfertigt sowie rechtswidrig“, urteilte der 3. Senat. Bei den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung seien Gewinnmöglichkeiten nicht zwingend zu berücksichtigen. Im Vorfeld von Pflegesatzänderungen sei stets eine Stellungnahme der Interessenvertretung der Heimbewohner einzuholen.
Diese in erster Linie von den Preiserhöhungen betroffenen Personen könnten ihre Belange allein auf diese Weise in die Preisfindung zwischen Leistungserbringern und sonstigen Kostenträgern einbringen. Ein Sachverständigengutachten muss die Schiedsstelle entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht regelmäßig einholen, kann dies zu Einzelpunkten aber tun. Die Gesamtbeurteilung der festzusetzenden Preise verbleibt in der Verantwortung der sachkundig und paritätisch besetzten Schiedsstelle.
Kritik am Urteil übte der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB). Wenn das BSG abermals feststelle, dass sowohl die Refinanzierung der Gestehungskosten als auch die Höhe eines Gewinnzuschlags unter dem Vorbehalt der Beitragssatzstabilität und des externen Vergleichs stünden, liefere dies die Einrichtungen in den Vergütungsverhandlungen dem Gutdünken der Kostenträger aus, monierte der VDAB-Bundesvorsitzender Stephan Baumann. Stationäre Pflegeeinrichtungen müssten auf Augenhöhe mit den Kostenträgern verhandeln können, um ihre Wirtschaftlichkeit zu sichern.
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