Bundestag rügt EU-Kommission wegen Harmonisierungsplänen zu Nutzenbewertungen

Berlin – Der Bundestag hat der Europäischen Kommission heute einstimmig eine Subsidiaritätsrüge erteilt. Die Abgeordneten wenden sich damit gegen Pläne der Kommission, die Nutzenbewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten europaweit zu vereinheitlichen (Änderung der Richtlinie 2011/24/EU). Der Vorschlag zielt auf eine vollständige Harmonisierung des Health Technology Assessment (HTA) auf der Ebene klinischer Bewertungen für alle neuen Arzneimittel, die dem zentralen Zulassungsverfahren unterliegen, und bestimmte Medizinprodukte.
Die Kommission sieht in einer Vereinheitlichung ein Instrument, die Tragfähigkeit der Gesundheitssysteme sicherzustellen und Impulse für Innovationen auf EU-Ebene zu geben. Da die Kommission in den Mitgliedsstaaten Mängel ausmachte, verfolgt sie nun das Ziel, für ein besseres Funktionieren des Binnenmarktes für Gesundheitstechnologien zu sorgen und zu einem hohen Gesundheitsschutz beizutragen.
Sorge vor sinkenden Standards
Die Abgeordneten im Bundestag sind davon nicht überzeugt. Sie kritisieren, dass das Vorhaben zur Abwertung von Standards der Nutzenbewertung in Deutschland führt. Das Vorhaben sei ein Eingriff in das bewährte Verfahren der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG). Eine zentralisierte HTA-Bewertung könne den unterschiedlich ausgelegten Gesundheitssystemen der Mitgliedstaaten nicht gerecht werden.
Der EU-Vorschlag greife zudem in die rechtlich geschützte Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung ein. Damit werde die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes verletzt, heißt es in dem gemeinsamen Antrag (19/1296) der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen.
Der Beschluss soll der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union übermittelt werden. Bei der Kommission wird er nichts mehr bewirken, denn wie diese dem Deutschen Ärzteblatt mitteilte, sind die Pläne der Kommission bereits an Rat und Parlament übergeben worden. Wenn beide den Vorschlägen zustimmen sollten, trete nach dem Trilogverfahren die Reform automatisich drei Jahre später in Kraft, teilte eine Sprecherin der Kommission mit.
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