Bundestag stellt Weichen für bessere Bezahlung von Pflegekräften

Berlin – Pflegekräfte in Deutschland sollen künftig von besserer Bezahlung profitieren. Dazu verabschiedete der Bundestag gestern ein Gesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Höhere Löhne sollen über eine Tarifvereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern erreicht werden. Heil will einen entsprechenden Tarifvertrag dann allgemeinverbindlich erklären.
Andernfalls soll es höhere Pflegemindestlöhne durch eine Rechtsverordnung geben, die auf Empfehlungen der Pflegekommission basieren. Die Pflegekommission soll künftig als ständiges Gremium mit einer grundsätzlich fünfjährigen Amtszeit berufen werden.
Einen Tarifvertrag für die Altenpflege wollen erstmals die Gewerkschaft Verdi und die neue Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) abschließen, der unter anderem Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt und des Arbeiter-Samariter-Bundes angehören.
Daran entzündet sich Kritik: Vertreter der privaten Arbeitgeber in der Pflege meinen, dass weder Verdi noch der neue Verband das Mandat hätten, für die Branche einen Tarifvertrag auszuhandeln. Nach eigenen Angaben machen die privaten Anbieter etwa die Hälfte des Marktes aus, rund 30 Prozent der Pflegekräfte arbeiten für die kirchlichen Träger Caritas und Diakonie. Die Kirchen sollen ihr Selbstbestimmungsrecht auch mit einem allgemeinen Tarifvertrag behalten. Sie würden zudem einbezogen, bevor ein Vertrag abgeschlossen werden kann. Entsprechend unterstützen sie die Tariflösung.
Tatsächlich ist nach Schätzungen bislang nur eine kleine Minderheit von bis zu zehn Prozent der Pflegekräfte gewerkschaftlich organisiert. Laut Heil arbeiten zudem nur etwa 20 Prozent der Altenpfleger tarifgebunden. Die Situation in der Altenpflege gilt als besonders schlecht, da die Löhne dort im Schnitt noch einmal deutlich unter denen in der Krankenpflege liegen.
Die im Verband bpa organisierten kleineren und mittleren privaten Arbeitgeber lehnen den Weg über einen allgemeinen Tarifvertrag weiterhin kategorisch ab. Sie verweisen wegen des Mangels an Fachkräften auf bereits stark steigende Löhne in der Branche und behalten sich rechtliche Schritte vor. Auch die AfD lässt nach eigenen Angaben prüfen, ob das Gesetz verfassungskonform ist. Der Arbeitgeberverband Pflege - ein Zusammenschluss der umsatzstärksten Anbieter - warnt vor steigenden Kosten sowie höheren Zuzahlungen über die Eigenanteile der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen.
Das ist unterdessen der Knackpunkt, der auch viele Unterstützer der Tariflösung umtreibt - erwünschte höhere Löhne treiben die Kosten. Bis zu fünf Milliarden Euro im Jahr könnten es laut einer Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums sein. Wer sie trägt, ist offen.
Die Bundesregierung hatte sich Anfang Juni im Rahmen der "Konzertierten Aktion Pflege" mit den wichtigsten Akteuren der Branche darauf verständigt, dass Pflegekräfte künftig von besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen profitieren sollen. Zur Finanzierung gab es damals aber nur vage Äußerungen.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat inzwischen immerhin angekündigt, im ersten Halbjahr des kommenden Jahres einen Vorschlag für eine Finanzreform der Pflegeversicherung vorzulegen. Spahn will nach eigenem Bekunden einen "fairen Ausgleich" zwischen Anbietern, Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sowie den Steuer- und Beitragszahlern erreichen.
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