Bundesverfassungsgericht nimmt Beschwerde zur Tarifkollision nicht an

Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat Verfassungsbeschwerden gegen die Neuregelung zur Tarifkollision aus dem Tarifvertragsgesetz nicht zur Entscheidung angenommen. Das geht aus einem Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hervor (Az.: 1 BvR 672/19, 1 BvR 2832/19, 1 BvR 797/19).
Die Gewerkschaften hätten sich demnach zunächst an die Fachgerichte wenden müssen. Die Richter äußern aber auch inhaltliche Zweifel.
Hintergrund ist ein Karlsruher Urteil von 2017 zur Tarifeinheit. Um aufreibende Machtkämpfe zu verhindern, soll seit 2015 bei konkurrierenden Tarifverträgen in einem Betrieb nur noch der Abschluss der mitgliederstärksten Gewerkschaft gelten. Die unterlegene Gewerkschaft kann sich durch Unterzeichnung anschließen.
Die Verfassungsrichter hatten das Gesetz im Grundsatz bestätigt, mit Vorgaben für die Anwendung aber Leitplanken eingezogen. An einer Stelle musste bis spätestens Ende 2018 nachgebessert werden. Die jetzigen Klagen richteten sich gegen die überarbeitete Regelung.
Dem Beamtenbund dbb, der Lokführergewerkschaft GDL und der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) geht der Schutz gegenüber größeren Gewerkschaften nicht weit genug.
Inzwischen steht ausdrücklich im Gesetz, dass der Tarifvertrag der Minderheit neben dem Mehrheitsvertrag weiter gilt, wenn deren Interessen „nicht ernsthaft und wirksam berücksichtigt“ werden. Die Verfassungsrichter bezeichnen es als „zumindest fraglich“, dass trotz dieser Vorkehrungen noch Gewerkschaften verdrängt werden könnten.
Der Beschluss stellt außerdem klar, dass betroffene Gewerkschaften zunächst beim Arbeitsgericht klären lassen müssen, ob ihre Interessen im Einzelfall verletzt sind. „Inwiefern die hier angegriffene Neuregelung dann auf praktische Schwierigkeiten stößt, muss sich zunächst „vor Ort“ zeigen“, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.
Der Marburger Bund teilte mit, über den Beschluss müsse man nicht enttäuscht sein. Er enthalte wertvolle Hinweise an die Fachgerichte, erklärte die Erste Vorsitzende Susanne Johna. „Auch eine erneute Anrufung des Bundesverfassungsgerichts ist denkbar.“
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