Cannabis: Ampel verteidigt Teillegalisierung, Union will Gesetz abschaffen

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die seit April geltende Teillegalisierung von Cannabis im Bundestag verteidigt. Die Union kündigte erneut an, die Freigabe wieder rückgängig machen zu wollen, wenn sie die nächste Regierung führt.
„Es geht darum, den bestehenden Konsum sicherer zu machen“, sagte Lauterbach heute in einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Unionsfraktion. Er sprach von einem „Gesetz, welches eine Chance verdient“ habe. Das Cannabisgesetz müsse „ohne Polemik und Häme“ betrachtet werden.
Der Minister räumte aber auch ein, dass das Gesetz „umstritten“ sei. Doch der in den vergangenen Jahren in Deutschland stark gestiegene Konsum habe dieses nötig gemacht. „Cannabis ist überall“, sagte Lauterbach. „Wenn Sie durch die Straßen gehen am Abend, dann können Sie es sehen und Sie können es riechen“, sagte Lauterbach.
Der Minister gab zu bedenken, dass der Cannabiskonsum nicht nur gestiegen, sondern wegen höherer Dosierungen und „toxischen Beimischungen“ auch gefährlicher geworden sei. Es gehe darum, „den bestehenden Konsum sicherer zu machen“, aber nicht zu kriminalisieren, sagte Lauterbach. „Derjenige, der ab und zu konsumiert und sich der Risiken auch bewusst ist“, sei nicht krimineller als jemand, „der jeden Abend eine Flasche Wein trinkt“.
Die CSU-Abgeordnete Silke Launert kritisierte, das Gesetz habe das Gegenteil von dem bewirkt, was beabsichtigt war. „Sie wollten den Schwarzmarkt austrocknen“, doch „so vermurkst, wie dieses Gesetz war, war das nicht zu erreichen“, sagte Launert in Richtung Lauterbach. „Der Drogenmarkt ist größer denn je, größer als der frühere Schwarzmarkt.“ Die Koalition habe „die Tore geöffnet für niederländische Drogenbanden“.
Für den Fall, dass die Union nach der Bundestagsneuwahl am 23. Februar die künftige Regierung führt, kündigte Launert an, das Gesetz rückgängig zu machen. Die Cannabisfreigabe sei „eines der wichtigsten Themen, die zurückzunehmen sind“, sagte sie. „Es bleibt nichts anderes übrig, als Härte zu zeigen.“
Kristine Lütke von der FDP lobte rückblickend, dass die damalige Ampelkoalition bei dem Thema „vertrauensvoll und gut zusammengearbeitet“ habe. Lütke kritisierte die Union dafür, „in einer Zeit, in der wir dringend über Lösungen für die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands sprechen müssten“, die Energie den alten Vorurteilen gegen die Legalisierung zu widmen. Erfahrungen in anderen Ländern zeigten, dass durch die Legalisierung von Cannabis die organisierte Kriminalität bekämpft werde.
Die Grünenpolitikerin Kirsten Kappert-Gonther stellte in Richtung der Union infrage, „dass kein einziges Problem in diesem Land gelöst wird, wenn Sie Kiffer wieder kriminalisieren“. Sie bezeichnete das Cannabisgesetz als „entscheidenden Erfolg der Ampel“.
Vor der Reform sei „der komplette Cannabismarkt fest in der Hand des organisierten Verbrechens und zwar inklusive aller damit verbundenen Gesundheitsgefahren“, sagte sie. Es sei „ein Mythos, dass der Konsum von Cannabis nach der Freigabe ansteigt“.
Der AfD-Gesundheitspolitiker Martin Sichert sagte an die Adresse der Union, man könne die Legalisierung kritisch sehen. Es sei aber verrückt, so zu tun, als wären Kiffer das drängendste Problem der inneren Sicherheit.
Die Ampelregierung hatte das Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis beschlossen, es gilt seit 1. April. Besitz und kontrollierter Anbau zum privaten Gebrauch sind damit erlaubt, allerdings mit zahlreichen Einschränkungen.
Der Konsum im öffentlichen Raum ist beschränkt erlaubt – in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen und in der Nähe von Schulen, Kitas und Sportstätten etwa ist er verboten. Die Union kündigte schon früh an, das Gesetz wieder rückgängig machen zu wollen.
Im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Drogenhandel hat die Hamburger Polizei zuletzt so viel Geld und Wertgegenstände bei Verdächtigen gesichert wie noch nie zuvor. So seien im vergangenen Jahr fast 10,35 Millionen Euro im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität und etwa 4,26 Millionen Euro im Rahmen von Rauschgiftkriminalität vorläufig gesichert worden, teilte die Innenbehörde in Hamburg mit. Zuvor hatte der Radiosender NDR 90,3 berichtet.
Den 14,6 Millionen Euro aus 2023 stehen 6,1 Millionen Euro in 2022, 10,14 Millionen Euro in 2021 und 3,4 Millionen Euro in 2020 gegenüber. Die gesteigerte Menge hängt auch damit zusammen, dass in deutlich mehr Fällen wegen schwerwiegender Drogenkriminalität ermittelt wurde und es deshalb zu mehr Durchsuchungen, Festnahmen, Verurteilungen und Sicherstellungen kam.
„Die Zahl der schwerwiegenden Betäubungsmittelverfahren konnte im vergangenen Jahr um knapp 30 Prozent auf 111 und damit auf einen neuen Höchststand gesteigert werden“, sagte ein Behördensprecher dazu.
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