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Charité-Chef mahnt: „Der medizinische Fortschritt muss vernünftiger organisiert werden“

  • Donnerstag, 4. Dezember 2025
/unai, stock.adobe.com
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Berlin – Die Charité – Universitätsmedizin Berlin schaut als größtes deutsches Universitätsklinikum mit gemischten Gefühlen auf den anstehenden Jahreswechsel. Zum einen blickt man auf ein erfolgreiches Jahr zurück, zum anderen mit Sorge auf die Zukunft, wie heute bei einem Pressetermin deutlich wurde.

„2025 war ein sehr eindrucksvolles Jahr für die Charité“, sagte Dekan Joachim Spranger. Die Charité habe ihre Position als eine der forschungsstärksten medizinischen Einrichtungen Europas eindrucksvoll untermauert. Auch international habe sie mit Spitzenleistungen, etwa beim Einwerben von EU-Fördergeldern, überzeugen können.

Gleichzeitig mahnte der Vorstandsvorsitzende der Charité, Heyo K. Kroemer, eindringlich: „Der medizinische Fortschritt muss vernünftiger organisiert werden.“

Der wachsende Kostendruck, eine alternde Gesellschaft, steigender Versorgungsbedarf und der Fachkräftemangel durch eine Pensionierungswelle, die 2030 ihren Höhepunkt erreiche, stellten nicht nur die Charité, sondern das gesamte deutsche Gesundheitssystem vor immense Herausforderungen. „Das ist eine absolut absehbare Geschichte. Doch die Politik reagiert darauf nur mit kurzfristigen Maßnahmen.“

Mit Sorge betrachtet Kroemer die aktuellen Entwicklungen rund um die Krankenhausreform und kritisierte deren „Verwässerung“ und Verschiebung. „Wir brauchen die Strukturreform dringend“, betonte er. „Das System ist ansonsten nicht dauerhaft finanzierbar.“

Die Reform sei eine notwendige Basis, um die Struktur, Spezialisierung und Finanzierung der Kliniken in Deutschland neu zu gestalten. Hochschulkliniken wie die Charité sollten dabei eine koordinierende Rolle und die Versorgung komplexer Fälle übernehmen, um eine dem hohen medizinischen Standard entsprechende Versorgung der Bevölkerung zu sichern.

Um trotz der schwierigen Gesamtsituation ihre von wissenschaftlicher Exzellenz und innovativen Technologien geprägte Position in der Forschungs- und Versorgungslandschaft zu sichern, will die Charité im kommenden Jahr verstärkt auf Digitalisierung, Strukturwandel und Effizienzsteigerung sowie strategische Partnerschaften setzen.

Besonders im Fokus steht der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), der auf viele Bereiche ausgedehnt werden soll. „Das Transformationspotenzial der Künstlichen Intelligenz für die Medizin der Zukunft ist enorm“, sagte Kroemer. Digitalisierung und der Einsatz KI seien auch Möglichkeiten, den Wegfall von Mitarbeitenden zu kompensieren. Etwa ein Drittel der ärztlichen Tätigkeiten könne nach seiner Einschätzung durch KI ersetzt werden.

Zudem müsse die Prävention stärker in den Fokus rücken, betonte Spranger. Die Charité sieht die Prävention als zentralen Bestandteil ihrer Strategie 2030 „Gesundheit neu Denken“. Ziel sei es, gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen und schwerwiegende Krankheitsverläufe durch gezielte Vorsorge zu verhindern, erläuterte er.

„Die Medizin der Zukunft wird sich aber auch fundamental verändern, sie wird viel spezifischer und individueller sein“, prophezeite der Dekan. Die Charité wolle darauf in den kommenden Jahren mit neuen Strukturen reagieren und auch Kooperationen mit privaten Unternehmen aufbauen, um Innovationen zu fördern.

Dafür stehe beispielhaft das Berlin Center for Gene and Cell Therapies (BC GCT), das derzeit zusammen mit der Bayer AG und dem Berlin Institute of Health (BIH) aufgebaut wird. Zukünftig sollen dort Start-ups an Zell- und Gentherapien forschen. 

ER

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