Chefarzt startet Petition für Schwangerschaftsabbrüche an christlicher Klinik

Lippstadt – Gegen die Einschränkung von Schwangerschaftsabbrüchen am christlichen Klinikum Lippstadt (Westfalen) hat ein dortiger Chefarzt eine Petition gestartet.
„Schluss mit religiösen Vorschriften in öffentlichen Krankenhäusern“, fordert der Gynäkologe Joachim Volz auf der Petitionsseite, die bis gestern Nachmittag rund 85.000 Unterstützer verzeichnete. „In der Medizin sollte die Patientin – im Austausch mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt – das letzte Wort haben. Nicht ein katholischer Moralapparat.“
Nach der Fusion des evangelischen Krankenhauses Lippstadt mit dem katholischen Dreifaltigkeits-Hospital war auf Wunsch der katholischen Seite durchgesetzt worden, weitgehend auf Schwangerschaftsabbrüche zu verzichten.
Volz wirft dem katholischen Träger vor, per Dienstanweisung keine Schwangerschaftsabbrüche mehr zuzulassen, auch nicht aus medizinischen Gründen. Er reichte eine Klage ein, die das Arbeitsgericht Hamm am 8. August im Amtsgericht Lippstadt verhandeln will. Dabei geht es auch um eine Ausweitung der Anweisung auf Volz' Nebentätigkeit in seiner privaten Praxis in Bielefeld.
Das Krankenhaus widersprach auf Anfrage den Vorwürfen: Seit dem 1. Februar dürften im Haus Abbrüche vorgenommen werden, wenn „Leib und Leben der Mutter“ in Gefahr sind. Nach wie vor lasse die Klinik Patientinnen bei einem Abbruch darüber hinaus nicht alleine.
„In der sensiblen Frage eines möglichen Schwangerschaftsabbruchs werden wir unsere Patientinnen weiterhin vertrauensvoll, respektvoll und verantwortungsbewusst begleiten.“ Das Haus verfüge über ein bewährtes Netzwerk und könne für die Eingriffe an spezialisierte Kliniken verweisen.
Volz beklagt hingegen, er dürfe in seiner Klinik auch bei schweren Fehlbildungen des Fötus, gesundheitlichen Risiken oder Schwangerschaften nach einer Vergewaltigung nicht eingreifen. „Das ist in meinen Augen schlicht unterlassene Hilfeleistung“, meint der Chefarzt.
Zur Frage einer Abtreibung nach einer Vergewaltigung erklärte das Klinikum auf Anfrage, dass ein solcher Eingriff zwar zum „Schutz des ungeborenen Lebens“ im Haus nicht mehr möglich sei. Allerdings hätten diese Abbrüche auch vor der Fusion keine Rolle gespielt, da diese in der Regel vor der 12. Schwangerschaftswoche ambulant erfolgten. Generell sei die Zahl der Abtreibungen an der evangelischen Klinik vor der Fusion gering gewesen. Bei etwa 1.700 Geburten im Jahr habe es im Schnitt etwa 15 Eingriffe gegeben.
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