Ausland

Corona: US-Forscher sehen weit mehr Todesfälle als statistisch bekannt

  • Freitag, 7. Mai 2021
/picture alliance, Naveen Sharma
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Washington – Forscher der Universität Washington gehen von erheblich mehr Coronatoten weltweit aus als offizielle Zahlen wiedergeben. Schätzungen des Uni-Instituts IHME hätten ergeben, dass weltweit 6,9 Millionen Menschen durch eine Infektion mit dem Coronavirus gestorben sein dürften, erklärte dessen Direktor Christopher Murray gestern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab die Zahl der weltwei­ten Coronatoten am selben Tag mit rund 3,2 Millionen an.

In fast jedem Land der Welt gebe es signifikante Lücken bei der Erfassung der Todesfälle, es gebe aber deutliche Unterschiede zwischen den Ländern, erklärte das Institut. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass in Deutschland rund 120.700 Menschen infolge einer Infektion mit dem Erreger SARS-CoV-2 starben. Die WHO gibt die Zahl mit über 84.000 an. Global betrachtet stehe Deutschland mit Blick auf die Erfassung nicht schlecht da, sagte Murray.

Im Fall von Russland unterscheiden sich die offiziellen Angaben (WHO: rund 112.000) besonders stark von der Schätzung des Instituts (rund 593.600 Tote). In den USA schätzen die Forscher die Zahl der Toten auf rund 905.300 (WHO: rund 573.000). Im Fall von Indien gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Zahl der Toten mit rund 654.400 fast dreimal so hoch ist wie erfasst (WHO: rund 230.000).

Die Forscher leiteten ihre Schätzungen aus der Übersterblichkeit ab: Die ergibt sich, wenn man die er­war­teten Todesfälle durch alle Ursachen in einem bestimmten Zeitraum vor der Pandemie mit den tat­sächlichen Todesfällen in der Pandemie vergleicht. Bei der Betrachtung der Übersterblichkeit wurde be­rücksichtigt, dass es in der Pandemie eine Verschiebung bei den Todesursachen gab. So kam es wegen der eingeschränkten Mobilität zu weniger Unfällen im Straßenverkehr.

Zugleich kam es etwa zu Verzögerungen bei der Behandlung anderer Krankheiten. Nach Berücksichti­gung dieser Faktoren schätzten die Wissenschaftler die Zahl der Todesfälle, die nur auf eine COVID-19-Erkrankung zurückzuführen sein dürften, auch wenn diese nicht immer als solche erfasst wurden.

Das IHME (Institute for Health Metrics and Evaluation) hat während der Pandemie laufend Prognosen zu Todeszahlen veröffentlicht und auch veranschaulicht, wie sich Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken auf den Pandemieverlauf auswirken könnten. Das Weiße Haus hat Modelle des IHME mehrfach angeführt.

Das Institut leitet das Projekt Global Burden of Disease, eine Studie, deren Ergebnisse jährlich im Fach­magazin The Lancet veröffentlicht werden, und die unter anderem Todesursachen, Krankheiten und Risikofaktoren in Ländern in aller Welt analysiert.

dpa

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