Politik

Coronaimpfungen in Apotheken gestartet, erneut Kritik von Ärzten

  • Montag, 7. Februar 2022
/picture alliance, Frank Hoermann, SVEN SIMON
/picture alliance, Frank Hoermann, SVEN SIMON

Berlin – In den Bundesländern beginnen in dieser Woche die Apotheken, sich in die Coronaimpfkam­pagne zu integrieren. Heute startete Nordrhein-Westfalen (NRW), morgen folgen die anderen Bundes­länder.

Vom Start weg sind rund 500 der etwa 18.500 Apotheken in Deutschland dabei, teilte die ABDA – Bun­des­vereinigung Deutscher Apothekerverbände heute mit. Die Vereinigung erwartet, dass die Anzahl der Apotheken mit Impfangebot in den nächsten Wochen sukzessive steigen wird.

Der Bundestag hatte im Dezember des vergangenen Jahres den Weg für befristete Coronaimpfungen durch Apotheker, Zahnärzte sowie Tierärzte geebnet. Voraussetzungen sind eine Schulung und geeignete Räumlichkeiten oder die Einbindung in mobile Impfteams.

Mittlerweile haben nach ABDA-Angaben gut 6.000 Apotheker die notwendige Schulung absolviert. Etwas mehr als die Hälfte hat sich neu qualifiziert, die anderen Einrichtungen hatten 2020 bereits an dem Mo­dellprojekt zur Grippeschutzimpfung in Apotheken teilgenommen. Die dort erworbene Impferlaubnis gilt nun auch für die Coronaimpfkampagne. Die Zahl der Impfungen leiten die Apotheken künftig täglich an das Robert-Koch-Institut weiter.

In Düsseldorf impfte heute ein Apotheker mehrere Menschen gegen SARS-CoV-2. Der Start erfolgte da­mit in NRW schon einen Tag vor dem bundesweit angekündigten morgigen Stichtag 8. Februar. Der Vor­sitzende des Apotheker­verbandes Nordrhein, Thomas Preis, berichtete von einer über­raschend regen Nachfrage von Impfwilligen.

Ab morgen können sich Patienten auch in den ersten Apotheken in Niedersachsen gegen COVID-19 im­pfen lassen, wie die Apothekerkammer Niedersachsen mitteilte. Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die Apotheker für den wohnortnahen Infektions- und Gesundheitsschutz der Bevölkerung seien, sagte Cathrin Burs, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen. Nun könnten Apotheken als nieder­schwellige Anlaufstelle das Impfangebot zusätzlich neben Arztpraxen oder Impfzentren ergänzen, um die Impfquote zu erhöhen.

Der Sprecher des Apotheker-Vereins in Berlin, Stefan Schmidt, sagte, er gehe davon aus, dass zunächst eine überschaubare Zahl an Apotheken mit dem Impfen starten werde. „Es werden voraussichtlich in dieser Woche nur einzelne sein.“ Verlässliche Daten dazu gebe es zunächst nicht.

An den entsprechenden Schulungen für die Impfungen haben Schmidt zufolge mehr als 400 Apotheker beziehungsweise deren Angestellte in Berlin teilgenommen. Der Apothekerverein hatte bereits erklärt, es gehe nicht um eine Konkurrenz mit den Ärzten, sondern um ein zusätzliches Angebot für diejenigen, die nicht zum Arzt gingen.

Der Hausärzteverband Nordrhein wiederholte heute seine Kritik an dem Angebot. „Wir brauchen die Apo­theken nicht für das Impfen. Dafür gibt es weder medizinische noch sachliche Gründe“, sagte der Vorsit­zende Oliver Funken. Er zeigte sich laut Mitteilung empört und bezeichnete das Impfen in Apotheken als Unsinn. Den Apothekern mangele es an der medizinischen Qualifikation.

Auch die Kassenärztliche Vereinigung Berlin hält die Beteiligung von Apotheken für falsch. „Apotheken haben nicht die Qualitätsstandards, die für das Impfen benötigt werden“, kritisierte der Vorstandsvor­sit­zen­de der KV Berlin, Burkhard Ruppert.

„In Deutschland gibt es seit Jahrzehnten eine klare Arbeitsteilung zwischen Arztpraxen und Apotheken, und das sollte auch so bleiben.“ Die Ärztevertretung hatte sich bereits im Dezember erstmals skeptisch geäußert, als die Pläne zur Einbeziehung von Apothekern in die Impfkampagne bekannt wurden.

„Das Impfen gehört in die Hände von Ärztinnen und Ärzten“, sagte Ruppert. Die Arztpraxen seien auf ent­sprechende Notfallszenenarien vorbereitet. Auch in den Impfzentren sei darauf geachtet worden, dass Ärzte das Impfen übernehmen. „Darüber hinaus gibt es in jedem Impfzentrum ein Not­arzt­team“, so der KV-Vorsitzende.

Außerdem werde das Angebot in den Apotheken zu keiner Verbesserung der Impfraten führen. „Es han­delt sich in Berlin nur noch um eine eher kleine Gruppe Menschen, die geimpft werden muss“, sagte Rup­pert. Die Impfquote bei Erwachsenen liege bei der Grundimmunisierung durch üblicherweise zwei Im­pfungen bei über 80 Prozent und bei den über 60-Jährigen bei über 90 Prozent.

„Die Menschen, die sich für das Impfen in den Praxen oder Impfzentren entschieden haben, werden dies auch in Zukunft tun“, sagte Ruppert. „Und die Kinder, die noch nicht geimpft sind, sollen sowieso nicht in den Apotheken geimpft werden.“ Ruppert kritisierte auch die Schulungen, die für Apothekenpersonal als Vorbereitung auf die Impfungen angeboten wird: „Ein Schnellkurs allein kann dazu nicht befähigen.“

dpa

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