Medizin

COVID-19: Hydroxychloroquin bleibt in randomisierter RECOVERY-Studie ohne Wirkung

  • Montag, 8. Juni 2020
/Francis Valadj, stock.adobe.com
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Oxford – Das Malariamittel Hydroxychloroquin hat erneut die Erwartungen nicht erfüllt. Die britische Gesundheitsbehörde MHRA brach in der letzten Woche eine größere randomisierte Studie an Patienten mit COVID-19 ab, nachdem eine Zwischenauswertung keine Hinweise auf eine positive Wirkung gefunden hatte. Die Ergebnisse wurden am Freitag der Presse mitgeteilt. Eine Publikation steht noch aus.

Die RECOVERY-Studie untersucht seit März in 175 britischen Kliniken an mehr als 11.000 Patienten mit COVID-19 6 derzeit viel diskutierte Behandlungsmöglichkeiten. Neben dem HIV-Medikament Lopinavir-Ritonavir, dem IL-6-Rezeptorantagonisten Tocilizumab, einer Serumtherapie, einer niedrig dosierten Behandlung mit Dexamethason, dem Antibio­tikum Azithromycin gab es bis zur letzten Woche auch eine Gruppe von Patienten, die mit Hydroxychloroquin behandelt wurden.

Das Malariamittel ist seit unklaren Berichten aus China und einer umstrittenen Studie französischer Tropenmediziner als Wirkstoff im Gespräch. Bisher sind allerdings praktisch alle weiteren Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass Hydroxychloroquin keine Wirkung bei COVID-19 erzielt. Experten warnen zudem vor vermehrten Komplikationen, die sich aus einer arrhythmogenen Wirkung des früheren Malariamittels ergeben könnten.

Die britische Arzneimittelbehörde MHRA („Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency“) hat deshalb in der letzten Woche die Leiter der RECOVERY-Studie um eine Zwischenauswertung des Hydroxychloroquin-Arms gebeten. Deren Ergebnisse zeigen nun, dass es keine Hinweise auf eine Wirksamkeit gibt (aber auch keine Anzeichen einer erhöhten Toxizität).

In der Studie waren 1.542 Patienten auf eine Behandlung mit Hydroxychloroquin randomisiert worden. Die 28-Tages-Sterberate, der primäre Endpunkt der Studie, lag nach Auskunft von Peter Horby und Martin Landray von der Universität Oxford bei 25,7 %. Sie unterschied sich nicht von den Ergebnissen der Vergleichsgruppe, in der die Patienten eine konventionelle Behandlung ohne Hydroxychloroquin erhalten hatten. Dort waren 23,5 % der Patienten gestorben.

Horby und Landray ermitteln eine Hazard Ratio von 1,11, die es bei einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,98 bis 1,26 sehr unwahrscheinlich macht, dass ein Vorteil von Hydroxychloroquin übersehen wurde. Dies trifft laut Horby und Landray auch auf die Dauer des Krankenhausaufenthalts oder andere sekundäre Endpunkte der Studie zu.

Die Ergebnissen der RECOVERY-Studie sind die ersten Belege aus einer randomisierten Studie zur (fehlenden) Wirksamkeit von Hydroxychloroquin in der Behandlung von COVID-19. In der letzten Woche hatte eine randomisierte Studie aus den USA ergeben, dass das Mittel auch in der Postexpositionsprophylaxe nach einem Kontakt mit einem COVID-19-Patienten keine Schutzwirkung erzielt.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in der letzten Woche die Wiederaufnahme der Behandlung mit Hydroxychloroquin in einem Arm der Solidarity-Studie angekündigt. Dieser Arm war nach der Veröffentlichung einer Register-Studie im Lancet gestoppt worden. Die Studie, die über einen Anstieg der Todesfälle berichtet hatte, ist inzwischen wegen Zweifeln an der Integrität der Datenanalyse zurückgezogen worden.

rme

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