Medizin

COVID-19: Kann Metformin in der Frühphase eine Hospitalisierung verhindern?

  • Freitag, 19. August 2022
/luchschenF, stock.adobe.com
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Minneapolis/Minnesota – Die Wirkstoffe Ivermectin, Fluvoxamin und Metformin, die seit Beginn der Pandemie als mögliche Wirkstoffe gegen COVID-19 in der Diskussion sind, konnten in einer Phase-3-Studie Risikopa­tien­ten nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 nicht vor einem schweren Verlauf von COVID-19 schützen.

Für Metformin wurde nach Angaben aus der Publikation im New England Journal of Medicine (NEJM 2022; DOI: 10.1056/NEJMoa2201662) in einem sekundären Endpunkt ein günstiges Ergebnis gefunden, das aller­dings ohne weitere Bestätigung nicht zu einer Therapieempfehlung führen dürfte.

Zu Beginn der Pandemie, als es weder Impfstoffe noch Antikörper oder Virustatika (mit Ausnahme von Rem­de­sivir gab), wurde fieberhaft nach Wegen gesucht, für andere Zwecke zugelassene Medikamente für die Be­handlung von COVID-19 umzufunktionieren.

Zu den Kandidaten für ein „Repurposing“ zählten Ivermectin, Fluvoxamin und Metformin. Ivermectin war in Laborstudien gegen SARS-CoV-2 wirksam, allerdings in 50- bis 100-fach höherer Konzentration als beim Menschen erreichbar sind.

Fluvoxamin zeigte eine anti-entzündliche Wirkung und sollte über die Blockade des Sigma-1-Rezeptors den Zusammenbau von neuen Viren verhindern. Metformin wurde in den 1950er Jahren in den USA als „Fluamine“ zur Behandlung von Virusinfektionen eingesetzt, lange bevor es zum Standardmedikament beim Typ-2-Dia­betes wurde.

Die klinischen Studien zu Ivermectin und Fluvoxamin haben die Erwartungen nicht erfüllt. Dennoch werden die beiden Wirkstoffe häufig eingesetzt, auch wenn es mittlerweile Antikörperpräparate und neue Virustatika (Nirmatrelvir/Ritonavir und Molnupiravir) gibt. Diese sind allerdings teuer und deshalb nicht für alle Men­schen erschwinglich.

Für Metformin gab es günstige Ergebnisse aus Beobachtungsstudien, in denen der Einsatz in der Frühphase der Erkrankung mit einem günstigen Ausgang assoziiert war (was allerdings auch mit der Senkung des HbA1c-Werts zusammenhängen könnte, da ein Typ-2-Diabetes ein wichtiger Risikofaktor für einen schweren Verlauf ist).

Jetzt liegen die Ergebnisse einer größeren Studie (COVID-OUT) vor, in denen die 3 Wirkstoffe an 1.323 Patienten getestet wurden, die seit weniger als 3 Tagen nachgewiesen mit SARS-CoV-2 infiziert waren und aufgrund von Übergewicht oder Adipositas ein erhöhtes Risiko auf einen schweren Verlauf hatten. Die Hälfte der Teilnehmer war bereits geimpft.

In einem 2 x 3 Design wurden Metformin oder Placebo mit Ivermectin, Fluvoxamin oder Placebo kombiniert. Primärer Endpunkt war eine Verschlechterung des Zustands mit einer Hypoxämie (93 % Sauerstoffsättigung oder weniger), einer Notaufnahme, einem Krankenhausaufenthalt oder dem Tod des Patienten.

Eines der Ereignisse trat bei 25,5 % der Teilnehmer auf (bei den Geimpf­ten mit 19,5 % seltener als bei den nicht Geimpften mit 32,4 %). Die Medikamente hatten dagegen keinen erkennbaren Einfluss auf den Verlauf. Carolyn Bramante von der University of Minnesota in Minneapolis und Mitarbeiter ermitteln für Ivermectin eine Odds Ratio von 1,05 (95-%-Konfidenzintervall 0,76 bis 1,45) und für Fluvoxamin eine Odds Ratio von 0,94 (0,66 bis 1,36). Beide Mittel haben sich damit als wirkungslos erwiesen.

Für Metformin war die Odds Ratio mit 0,84 (0,66 bis 1,09) günstiger. In einem der vordefinierten sekundären Endpunkte wurde sogar eine signifikante Wirkung erzielt: Die Zahl der Notaufnahmen, Krankenhausaufent­halte oder der Tod wurde bei einer adjustierten Odds Ratio von 0,58 (0,35 bis 0,94) um 42 % gesenkt.

Sekundäre Endpunkte gelten jedoch in randomisierten Studien nicht als Beweis, sondern nur als Ausgangs­punkt für neue Studien, in denen sie dann als primärer Endpunkt gesetzt werden müssten. Der Grund ist die Gefahr von statistisch signifikanten Zufallsergebnissen, die mit der Zahl der sekundären Endpunkte steigt.

Da es mittlerweile verschiedene Antikörper-Präparate und mit Remdesivir, Nirmatrelvir/Ritonavir und Molnu­piravir auch mehrere Virustatika gibt, die in der Frühphase nachweislich wirksam sind, stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, Metformin in weiteren Studien zu untersuchen. Eine Motivation könnten die hohen Kosten für die Antikörper-Präparate und Virustatika sein. Die Behandlung mit Metformin würde nur einen Bruchteil kosten.

rme

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