COVID-19: Krankenhäuser sollen Ausgleichszahlungen mit Kassen verhandeln

Berlin – Die Bundesregierung will den Krankenhäusern die Möglichkeit geben, Erlösrückgänge auszugleichen, die ihnen im Jahr 2020 durch die Coronapandemie im Vergleich zum Vorjahr entstanden sind.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der GKV-Spitzenverband und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) sollen dazu verpflichtet werden, bis zum 31. Dezember 2020 bundesweit geltende Ausgleichssätze zu vereinbaren, die Krankenhäuser und Krankenkassen vor Ort bei ihren Verhandlungen anwenden.
Das geht aus einer Formulierungshilfe des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hervor, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Die Neuregelungen sollen in das Krankenhauszukunftsgesetz aufgenommen werden.
Zudem sollen die Vertragsparteien vor Ort einen Zuschlag je voll- oder teilstationärem Fall aushandeln, mit dem durch das Coronavirus entstandene Mehrkosten ausgeglichen werden, die durch andere Ausgleichszahlungen noch nicht berücksichtigt wurden. Diese Regelung gilt vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2020.
Die bislang von der Bundesregierung beschlossenen Ausgleichszahlungen für die Krankenhäuser laufen am 30. September aus. Berücksichtigungsfähig könnten beispielsweise Mehraufwendungen für einen erhöhten Bedarf an persönlicher Schutzausrüstung ab dem 1. Oktober 2020 sein, schreibt das BMG.
Defizite vor allem bei großen Krankenhäusern
Mit dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz hatte die Bundesregierung im März dieses Jahres verschiedene Maßnahmen festgelegt, die die Liquidität der Krankenhäuser während der Coronapandemie sichern sollten.
Unter anderem erhielten die Krankenhäuser eine Pauschale für jedes durch die Pandemie nicht belegte Bett sowie Fördergelder für jedes zusätzlich aufgestellte Intensivbett mit Beatmungsmöglichkeit.
Zugleich wurde ein Beirat eingerichtet, der die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser evaluieren sollte. Die Vorgabe von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war dabei, dass kein Krankenhaus durch die Coronapandemie in ein Defizit geraten solle.
Im Verlauf der Pandemie zeigte sich, dass die Ausgleichszahlungen des Bundes insbesondere für große Krankenhäuser mit hohen Vorhaltekosten nicht ausreichten. So erklärten zuletzt verschiedene Universitätskliniken, dass sie mit einem deutlichen Defizit für das Jahr 2020 rechnen.
Krankenhäuser haben einen Anspruch auf Verhandlungen
Im Zweiten Bevölkerungsschutzgesetz wurden die Krankenhäuser dazu verpflichtet, ihre Abrechnungsdaten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zu übermitteln.
Auf der Grundlage dieser Datenlieferungen sollen Krankenhäuser und Krankenkassen nun vor Ort einen Ausgleich für mögliche Erlösrückgänge im Jahr 2020 verhandeln können. Dabei haben die Krankenhäuser einen Anspruch darauf, dass aufgrund der gelieferten Daten ermittelt wird, ob es einen Erlösrückgang gegeben hat. Grundlage für die Verhandlungen vor Ort sollen Rahmenvorgaben auf der Bundesebene sein.
DKG, GKV-Spitzenverband und PKV-Verband sollen dabei insbesondere „Einzelheiten für die Ermittlung der Erlöse für voll- und teilstationäre allgemeine Krankenhausleistungen für die Jahre 2019 und 2020“ vereinbaren sowie „Kriterien, anhand derer ein Erlösrückgang im Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2019 festgestellt wird, der auf Grund des Coronavirus SARS-CoV-2 entstanden ist, sowie Einzelheiten zum Nachweis der Erfüllung dieser Kriterien“ und „die Höhe des auf Ortsebene anzuwendenden Ausgleichssatzes“.
Können sich die drei Vertragspartner nicht bis zum Ende dieses Jahres einigen, soll die Schiedsstelle die Regelungen innerhalb von zwei Wochen festlegen.
Krankenhäuser können Pauschalen behalten
„Angesichts der Vielzahl der seit März 2020 ergriffenen Maßnahmen bedarf es keiner weiteren Verlängerung der pauschalen finanziellen Hilfen über den 30. September hinaus“, schreibt das BMG.
Zugleich betont das Ministerium, dass die Freihaltepauschalen, die die Krankenhäuser für nicht belegte Betten erhalten haben, „in jedem Fall“ beim Krankenhaus verbleiben sollen, „auch, wenn dadurch Erlösüberschüsse generiert wurden“.
„Die Gegenüberstellung der Erlöse für die Jahre 2019 und 2020 zum Ausgleich eines coronabedingten Erlösrückgangs kann zu Mehrausgaben für die Kostenträger führen“, heißt es in der Formulierungshilfe.
„Dies kann allerdings nur auf der Ortsebene valide dargelegt werden und hängt von der krankenhausindividuellen Situation unter anderem hinsichtlich der abgerechneten allgemeinen Krankenhausleistungen im voll- und teilstationären Bereich und der erhaltenen Ausgleichszahlungen ab.“
Auch wenn eine Schätzung von potenziellen Mehrausgaben nicht valide möglich sei, könne folgende Faustformel bei der Ermittlung von Mehrausgaben zugrunde gelegt werden: Je Erlösrückgang in Höhe von 0,1 Prozentpunkten lägen die Mehrausgaben für alle Kostenträger in einem hohen zweistelligen Millionenbereich.
„Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßt den nunmehr im Gesetzentwurf vorgesehenen Ganzjahreserlösausgleich als Anschlussregelung für den Ende September auslaufenden Schutzschirm“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer der DKG, Georg Baum.
„Damit haben die Kliniken die Erlöse aus 2019 als Referenzgröße für die COVID-Erlösausfälle. Der Gesamteffekt bleibt abhängig von noch mit dem GKV-Spitzenverband auszuhandelnden Rechengrößen und insbesondere der Mindererlösquote. Problematisch bleibt allerdings, dass nicht alle Kosten der Krankenhäuser dadurch aufgefangen werden.“
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