CSU-Politiker möchte Prozesse in der Organspende ändern

Berlin – Die rückläufigen Zahlen bei der Organspende sind nach Ansicht von Stephan Pilsinger (CSU) zu einem großen Teil auf Probleme im Prozess der Organspende zurückzuführen. Der Blick ins Ausland zeige zudem, dass auch die Einführung einer Widerspruchslösung nicht automatisch die Organspendezahlen verbessere, betont der Arzt und Bundestagsabgeordnete und erteilt damit Bestrebungen innerhalb der Ärzteschaft eine Abfuhr. Mitte Mai hatte sich der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt dafür ausgesprochen, die derzeit geltende Entscheidungslösung durch eine Widerspruchslösung zu ersetzen. Die Delegierten forderten den Gesetzgeber auf, das Transplantationsgesetz entsprechend zu verändern.
In der SPD mehren sich zwar momentan die Stimmen für eine Widerspruchslösung; in der Union lehnt man diese bislang allerdings ab. Die Ländergesundheitsminister wollen sich auf ihrer Konferenz kommende Woche sich offenbar für eine Widerspruchslösung einsetzen.
„Wir als Politik sind aufgerufen, Lösungen zu finden“, meint Pilsinger und verweist jetzt in einem Papier auf mehrere Ansätze: Zunächst sollten nach seiner Ansicht die Transplantationsbeauftragten in Krankenhäusern ab einer gewissen Größe von Routinearbeiten freigestellt werden. Dies sei für das Verhältnis mit dem Vorgesetzten und der Verwaltung bedeutsam. Außerdem sei die Freistellung Ausdruck der Wertschätzung der wichtigen Tätigkeit der Transplantationsbeauftragten, die derzeit noch unter mangelnder Akzeptanz leide. Zunehmende Arbeitsverdichtung auf Intensivstationen, Personalmangel und ökonomischer Druck erschwerten zudem derzeit die Arbeit der Transplantationsbeauftragen.
Ändern möchte Pilsinger ferner die Finanzierung der Organentnahme. Denn derzeit sei eine Organentnahme defizitär für die Entnahmekrankenhäuser und somit auch wirtschaftlich unattraktiv. „Abweichend von den Kalkulationsergebnissen sollten ergänzende nicht kalkulatorische Kostenkomponenten anerkannt werden und die Pauschalen deutlich erhöht werden“, schlägt er vor. Als Modell könne die Schweiz herangezogen werden. Dort würden die Beiträge nach Intensivstation und OP getrennt, sodass die Summen auch jeweils demjenigen transparent zugeordnet werden könnten, der die Leistung tatsächlich erbracht hat.
Auch die arbeitsintensive Identifikation potenzieller Organspender müsse zusätzlich entlohnt und damit wertgeschätzt werden, findet Pilsinger. Er schlägt dafür eine unabhängige Vergütung vor, wie sie derzeit bei der Stellung eines Antrags zur Rehabilitation bei einem Arbeitsunfall oder Berufskrankheit bei der gesetzlichen Krankenkasse praktiziert wird.
Um auch in kleineren Kliniken die Organspende zu fördern, schlägt der CSU-Politiker ferner mobile Expertenteams zur Feststellung des Hirntods sowie der Durchführung der Explantation vor. Dies sei zweckmäßig, da vor einer Organentnahme zweimal innerhalb von wenigstens zwölf Stunden der irreversible Hirntod des Patienten von zwei verschiedenen Ärzten festgestellt werden müsse, darunter mindestens einem Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie. Kleinere Kliniken hätten diese Expertise sonst häufig nicht und befänden sich somit in einem Dilemma.
Intensivieren möchte Pilsinger nicht zuletzt die Aufklärung: „Ein Großteil der Bevölkerung ist über das Thema Organspende nicht ausreichend informiert“, meint er. Zudem sei das Thema Organspende noch immer negativ mit den Organspendeskandalen behaftet. Pilsinger schlägt eine neue Imagekampagne vor: Als Vorbild könnten die Kampagnen der Deutschen Knochenmarkspenderdatei dienen oder auch die Initiativen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, das 2016 das Bündnis Organspende Bayern gegründet hatte.
Ein weiter Lösungsvorschlag des Politikers ist eine Dokumentation der Einwilligung zur Organspende auf der Gesundheitskarte. Derzeit sei problematisch, dass Ärzte in Krankenhäusern vor allem in Notfallsituationen nicht wüssten, ob sie es mit einem Patienten zu tun haben, der bereit ist, seine Organe zu spenden oder dies nur mit erheblichem Aufwand ermitteln könnten, erläutert er. Abhilfe könne ein zentrales Register schaffen, das alle Personen aufführt, die bereit sind, Organe zu spenden.
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