Ärzteschaft

Das hilft jungen Ärzten, die sich niederlassen wollen

  • Mittwoch, 9. April 2025
/PRPicturesProduction, stock.adobe.com
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Berlin – Um mehr junge Ärzte für eine Niederlassung zu begeistern, braucht es vor allem Unterstützung von Kollegen, gute Informationen und niedrigschwellige Seminarangebote. Das betonten gestern Teilnehmende einer Diskussionsrunde auf der Digitalmesse DMEA.

Wichtig sei zudem ein klarer Plan für Verhandlungsgespräche mit der abgebenden Praxis sowie eine gute Kommunikation mit dem vorhandenen Praxispersonal, lauteten die Tipps weiter.

Das Problem aktuell: „Wir bekommen nicht mehr so viele Niederlassungen nachbesetzt“, erklärte Oliver Reucher, Geschäftsführer der Gesundheitsmanagementgesellschaft (GMG), die bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein angesiedelt ist.

Denn die Hälfte der Ärztinnen und Ärzten im KV-Gebiet seien über 50 Jahre alt. Bei jüngeren Kolleginnen und Kollegen fehle häufig die Lust sich wirklich niederlassen zu wollen, weiß Ulrike Krüger, Praxisberaterin bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank).

Aus diesen Gründen biete die KV Nordrhein entsprechende Beratungsangebote für junge Ärztinnen und Ärzte an, erklärte Reucher. Zudem gebe es sogenannte Praxis for Futures, eine Art Modellpraxen mit moderner Infrastruktur und Programmen auf dem neusten Stand.

In diesen Praxen gibt es zudem digitale Möglichkeiten wie Onlineterminbuchungen und Self-Check-In Terminals für die Patienten. „Hier können die jungen Ärztinnen und Ärzte einiges ausprobieren“, erklärte Reucher.

Auch der Allgemeinmediziner Nicolas Kahl, der eine Hausarztpraxis in Nürnberg übernommen hat, erklärte, er habe sich verschiedene Praxen vor der finalen Entscheidung angesehen. „In vielen Arztpraxen gibt es Innovationsstau“, bemängelte er.

Das müsse man als junger Arzt wissen und bei den Verhandlungsgesprächen mit dem abgebenden Arzt darauf hinweisen und als Verhandlungsgrundlage nutzen. Wichtig sei auch zu klären, wie lange der abgebende Arzt noch in der Praxis tätig sein wolle. Hier gebe es oft unterschiedliche Vorstellungen, sagte Kahl.

Netzwerk hilft am besten

Geholfen habe ihm zudem das Netzwerk „Werkzeugkasten Niederlassung“, das sich explizit an angehende Hausärztinnen und -ärzte richtet. „Dort geben niedergelassene Ärztinnen und Ärzte Seminare für junge Kolleginnen und Kollegen“, erläuterte Kahl.

Man könne voneinander lernen, Unterstützung erhalten. Wichtig sei dieser Austausch, um zu erfahren, was am Anfang wichtig sei und welche Programme oder Möglichkeiten später als „Sahnehäubchen“ noch dazu kommen könnten.

Genau diese Sortierung der wichtigen von den zunächst nicht so wichtigen Fragen könnte jungen Ärztinnen und Ärzten helfen, erklärte Johannes Eschrich, der vor kurzem seinen Facharzt für Innere Medizin an der Berliner Charité absolviert hat. Er sei zufrieden mit seinem Arbeitsort in der Klinik, wolle aber nicht ausschließen künftig einmal in den niedergelassenen Bereich zu wechseln.

Es sei aber überfordernd bei all den Angeboten und auch digitalen Möglichkeiten, die für die Arztpraxis scheinbar wichtig seien, erklärte Eschrich. Wenn, dann würde er erstmal in einer Gemeinschaftspraxis oder angestellt arbeiten wollen.

Seminarangebote und Notfallkoffer

Auch die Apobank biete ein großes Seminarangebot zu diesen Fragen, erklärte Krüger von der Apobank. Die Bank biete für Interessierte Checklisten und „Notfallkoffer“ mit Informationen an, was man bei der Niederlassung beachten müsse. „Wenn man Lust hat sich niederzulassen, gibt es viele Möglichkeiten, um das auch durchzuziehen“, so ihre Erfahrung.

Wer die Niederlassung ausprobieren möchte, könne sich etwa bei der KV Nordrhein erstmal in einer Praxis anstellen lassen und üben, wie beispielsweise die Abrechnung funktioniert, erklärte Reucher. Die KV biete solche Partnerpraxen an.

Sorgen vor Unsicherheiten bei der Praxisübernahme, wollte auch Krüger gestern nehmen. Arztpraxen, die übernommen werden, verfügten bereits über ein volles Patientenbuch, hätten eine laufende Infrastruktur und natürlich auch bereits angestelltes Personal. Man müsse zwar einen Kaufpreis bezahlen, aber man könne direkt loslegen. „Die Praxis wird voll sein“, so Krüger.

Wenn man eine Praxis neu gründen wolle, müsse man zunächst Personal und Räumlichkeiten suchen sowie einen Patientenstamm aufbauen. Zudem hätte man hohe Investitionskosten, um etwa Geräte anzuschaffen. Aus diesen Gründen seien Praxisübernahmen heute auch deutlich in der Überzahl, erklärte Krüger. Jährlich kommen 150 Praxisneugründungen auf etwa 1.400 Übernahmen.

Innovativ sein und keine Furcht haben

Auch Kahl betonte: Wenn man eine Praxis übernehme, die schon gut gelaufen sei und dann innovativ rangehe, spreche nichts dafür, dass sich dies ändern werde. „Ich habe noch nicht erlebt, dass das nicht funktioniert“, so der Hausarzt. Er habe sich damals allerdings aus Sorge vor zu großen finanziellen Belastungen für eine kleine Praxis entschieden, das hätte er im Nachhinein anders gemacht, erklärte Kahl.

Wichtig sei zudem nach der Übernahme das Personal mitzunehmen und ein Gespür für das Team zu entwickeln, sagte Kahl. Auch Reucher habe erlebt, dass insbesondere ältere MFA etwa gegenüber der Einführung von Self-Check-In-Terminals skeptisch eingestellt waren. Deshalb sei wichtig, diese Änderungen als Chance zu kommunizieren und dem Personal deutlich zu machen, wie sie ihre Arbeit entlasten könnten.

Weiterer Vorteil: „Man ist sein eigener Chef“, betonte Reucher. Auch Kahl betonte, positiv sei, dass man sich durch die Anstellung von ärztlichen aber auch nicht ärztlichem Personal aussuchen könne, mit wem man arbeiten wolle. Wenn zudem ein Programm, etwa das Praxisverwaltungssystem (PVS) nerve, dann könne man dies ändern.

cmk

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