Bundesärztekammer kritisiert Arbeitsentwurf zur Reform der Psychotherapeutenausbildung

Berlin – Die Bundesärztekammer (BÄK) fordert Nachbesserungen an dem vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorgelegten Arbeitsentwurf zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. Die Reform dürfe nicht dazu führen, „dass voneinander getrennte Versorgungsbereiche entstehen oder die Versorgung von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen aus dem medizinischen Versorgungssystem ausgegliedert wird“, warnt die BÄK in einer Stellungnahme.
Zur Erinnerung: Der Arbeitsentwurf für ein „Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz“ vom 25. Juli 2017 sieht ein fünfjähriges Hochschulstudium der Psychotherapie vor, das aus einem Bachelor- und einem Masterstudiengang besteht und nach einem Staatsexamen die Approbation ermöglicht. In der anschließenden Weiterbildung sollen sich die Absolventen auf die Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen spezialisieren und die Fachkunde in einem Psychotherapieverfahren erwerben. Danach dürfen sie gesetzlich Krankenversicherte eigenverantwortlich versorgen.
Finanzielle Situation veränderungsbedürftig
Die Bundesärztekammer unterstreicht in ihrer Stellungnahme die Notwendigkeit, die Psychotherapeutenausbildung zu reformieren sowie die Zugangsvoraussetzungen und die Qualifikationswege akademischer Heilberufe zu vereinheitlichen. „Insbesondere die finanzielle Situation der Ausbildungsteilnehmer bedarf dringend der Veränderung.“
Zum einen bestehe für die vorgeschriebene praktische Tätigkeit in einer psychiatrischen oder psychosomatischen Klinik kein Anspruch auf Vergütung. „Ausgesprochen problematisch“ sei außerdem, dass obwohl bereits ein berufsqualifizierender akademischer Abschluss vorliegt, angehende Psychotherapeuten die Kosten für die postgraduale Qualifizierung an privaten oder universitären Ausbildungsinstituten im Wesentlichen selbst tragen müssten.
Der vorliegende Arbeitsentwurf aus dem BMG erreiche diese Ziele aber nur eingeschränkt. Dies zeige sich beispielsweise an der unzureichenden strukturellen Anpassung der Psychotherapeutenausbildung an die ärztliche Aus- und Weiterbildung. Aus dem Entwurf würden sich „vielfältige offene und ungelöste Fragen“ ergeben. Notwendig seien Aussagen zur Weiterbildung sowie zur Finanzierung der weitreichenden Änderungen. Beides fehle in dem Entwurf.
Psychologie statt Psychotherapie im grundständigen Bachelor
Zudem sei es notwendig, die grundlegenden Erkenntnisse der Psychologie auch weiterhin in der ganzen Breite für die Versorgung zu nutzen. Daher lehnt die BÄK es ab, bereits das grundständige Bachelorstudium allein auf die Psychotherapie zu beschränken. Vielmehr sollte insbesondere die Psychologie als grundlegende Wissenschaft, aber auch Nachbardisziplinen, wie bisher vermittelt werden. Nur eine „breite wissenschaftliche Grundlage“ könne die Patientenversorgung stärken und weiterentwickeln.
Im Hinblick auf das vorgesehene Masterstudium hält die BÄK umfangreiche praktische Ausbildungsanteile für zwingend erforderlich, wenn die Approbation folgen soll. Neben Pflichtpraktika während des Masterstudiums sollte daher ein praktisches Jahr zwischen Masterstudium und abschließendem Staatsexamen und Approbation vorgesehen werden. „Diese Struktur hat sich bei der Ausbildung von Ärzten bewährt“, heißt es in der Stellungnahme.
Nachdrücklich fordert die Bundesärztekammer überdies den Verzicht auf Modellstudiengänge, die Kompetenzen zur Feststellung, Verordnung und Überprüfung von psychopharmakologischen Maßnahmen vermitteln sollen. Die für eine sichere Anwendung der Psychopharmaka erforderlichen Kenntnisse könnten allein in einem Medizinstudium mit anschließender Facharztweiterbildung vermittelt werden.
DPtV begrüßt sachlichen Beitrag zur Diskussion
Die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung (DPtV) bezeichnete die Stellungnahme der BÄK als „wohltuend sachlichen Beitrag zur Diskussion“. „Wir sind uns mit der BÄK einig, dass sowohl die wissenschaftliche Qualifikation als auch eine umfangreiche praktische Ausbildung notwendig ist“, betonte die DPtV-Bundesvorsitzende Barbara Lubisch. So unterstütze ihr Verband beispielsweise auch den Vorschlag, vor Staatsexamen und Approbation ein Praktisches Jahr anzusetzen. Wahrscheinlich reiche aber ein halbes Jahr aus.
Ebenso wie die Bundesärztekammer lehnt die DPtV die im Arbeitsentwurf vorgesehenen Modellstudiengänge zur Vermittlung psychopharmakologischer Kenntnisse ab. Diese seien so umfangreich, dass sie nicht neben einem fundierten Studium der klinischen Psychologie und Psychotherapie vermittelt werden könnten. Auch gelte es, „das psychotherapeutische Handeln mittels Sprache, Beziehungsarbeit und spezifischer Interventionen zu schützen“, so Lubisch.
In der vergangenen Woche hatte sich bereits der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten eindeutig gegen die Möglichkeit zur Verordnung von Psychopharmaka ausgesprochen. Die Bundespsychotherapeutenkammer hat sich noch nicht eindeutig zu den Modellstudiengängen positioniert.
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