Medizin

Keuchhusten: Bakterien verlieren Impfstoff-Antigen

  • Freitag, 13. Dezember 2013
Uploaded: 13.12.2013 19:51:42 by mis
Bordetella pertussis /wikipedia

Atlanta – Der Keuchhusten-Erreger Bordetella pertussis hat gelernt, wie man lästigen Impfstoffen aus dem Weg geht, die die eigene Verbreitung einschränken. Laut einer Studie in Clinical and Vaccine Immunology (2013 doi:10.1128/CVI.00717-13) verzichtet jeder zweite Erreger mittlerweile auf das Protein Pertactin, das ein zentraler Bestandteil vieler azellulärer Impfstoffe ist.

Pertactin ist ein Protein in der äußeren Zellmembran, mit dem B. pertussis an die Epithelzellen der Atemwege bindet. Pertactin ist damit für die Infektiosität des Erregers von großer Bedeutung. Es ist auch ein Angriffspunkt für die Immunantwort des Körpers, der nach einer Infektion Antikörper gegen Pertactin bildet. Pertactin ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der azellulären Impfstoffe, die in den 90er Jahren den früheren Ganzkeimimpfstoff ersetzt haben.

Während der Ganzkeimimpfstoff dem Immunsystem die Gesamtheit aller Antigene des natürlichen Erregers anbot, sind die azellulären Impfstoffe auf einige wenige Antigene beschränkt. Kein azellulärer Impfstoff verlässt sich allein auf Pertactin, doch das Verschwinden des Pertactinproteins dürfte kein Zufall sein.

Von den 1,300 Isolaten aus den Jahren 1935 bis 2012, die Lucia Pawloski von den US-Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta untersucht hat, wiesen 306 einen genetischen Defekt im Pertactin-Gen auf. Darunter waren 276 Isolate mit Muta­tionen, die die Expression von Pertactin verhindern. Das erste Mal trat diese Mutation im Jahr 1994 auf, das nächste Isolat datiert aus dem Jahr 2010. Seither hat sich die Mutation laut Pawloski stark ausgebreitet, zuletzt (2012) wurde sie bei jedem zweiten Keuchhustenerreger gefunden.

Da der Verlust von Pertactin die Fitness des Erregers schwächt, kann die starke Ausbreitung der Mutation kein Zufall sein. Pawloski deutet sie als eine evolutionäre Anpassung des Erregers an seine Umgebung, die von impfstoffinduzierten Antikörpern gegen Pertactin geprägt ist. Inwieweit der Antigen-Mangel mitverantwortlich ist für die schweren Epidemien, zu denen es 2010 in Kalifornien und 2012 in Washington kam, ist unklar.

Da alle azellulären Impfstoffe mehrere Antigene haben, ist ein Totalausfall nicht zu befürchten, die Untersuchung zeigt laut Pawloski jedoch, dass man sich nicht auf einen einmal entwickelten Impfstoff verlassen dürfe und eine Anpassung an den Erreger notwendig werden könnte.

rme

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