Vermischtes

Defizite bei Bewertung wissenschafts­journalistischer Inhalte auf Youtube

  • Donnerstag, 29. September 2022
/Proxima Studio, stock.adobe.com
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Berlin – Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass viele Bürger Probleme damit haben, wissenschafts­journa­­lis­ti­sche Inhalte auf der Plattform Youtube einzuordnen. Sie können zum Beispiel nur schwer zwischen sorgfältig recherchierten und irreführenden wissenschaftsjournalistischen Inhalten unterscheiden.

Die Analyse wurde von dem Unternehmen Pollytix Strategic Research durchgeführt. Initiatoren waren die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), die Senatskanzlei Berlin, die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen und die Medienanstalt Rheinland-Pfalz. Die Meinungsforscher führten zunächst Tiefeninterviews mit Einzelpersonen (n=15). In einem zweiten Schritt befragten sie 3.370 Bürger in ganz Deutschland.

Im Rahmen der Studie wurden den Befragten zwei Beispiele für Wissenschaftsvideos auf Youtube zur Bewer­tung vorgelegt. Ein Video berichtete ausgewogen und sachlich über den Klimawandel. Das zweite Beispiel ließ relevante Quellen aus und stellte Grafiken und Statistiken verkürzt oder verzerrt dar.

Für 79 Prozent der Nutzer ist demnach die Nennung mehrerer Quellen ein besonders hilfreiches Prüfkriterium journalistischer Sorgfalt. Die Trennung von Meinung und Information ist für 72 Prozent der User ein wichtiges Merkmal vertrauenswürdiger Inhalte.

Probleme gibt es in der Einordnung dieser Kriterien: Die Quantität der Quellen war für die Befragten ent­schei­dender als die Qualität. Nur ein Bruchteil der Nutzenden hat laut der Arbeitsgruppe in Betracht gezogen, die in den jeweiligen Videos genannten Quellen kritisch zu hinterfragen.

Die Nennung von Quellen ist laut der Befragung somit entscheidender für die Glaubwürdig­keitswahrneh­mung als die Qualität der Quellen. Auch die von Youtube selbst angebotenen Hinweise zur Glaubwürdigkeit von Videos erzielen kaum Wirkung: Häufig werden sie von Nutzern nicht korrekt interpretiert. 46 Prozent der Befragten nehmen die Hinweise offenbar gar nicht wahr.

„Auch zur COVID-19-Pandemie oder zum Klimawandel werden häufig irreführende Inhalte im Internet ver­breitet“, sagte Severin Fischer, Chef der Senatskanzlei Berlin.

Die Studie zeige, dass die Nutzenden sich leicht täuschen ließen, wenn die Macher der Videos Merkmale des professionellen Journalismus nachahmten. Dies könne folgenschwere Konsequenzen für die Meinungsbildung nach sich ziehen, warnte er.

„Im Kampf gegen Desinformation und für einen demokratischen Diskurs spielt das Einordnen wissenschaftli­cher Inhalte eine zentrale Rolle“, betonte mabb-Direktorin Eva Flecken. Die Studienergebnisse zeigten aber sehr klar, dass dieses kritische Hinterfragen keine Selbstverständlichkeit sei.

Auch auf der Online-Fachtagung „Gesundheitskompetenz 2022“ der Universität Bielefeld berichteten Wissen­schaftlerinnen, dass bei Informationen zur Gesundheit weniger das Auffinden dieser Informationen Bürgern schwerfalle, als vielmehr die Beurteilung dieser Informationen.

hil

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