Vermischtes

Dekubitus-Skandal führte zu besserer Altenpflege

  • Mittwoch, 3. Mai 2017

Hamburg – 20 Jahre nach dem Hamburger Dekubitus-Skandal sieht der Rechts­medi­ziner Klaus Püschel große Fortschritte in der Altenpflege. Bei den gesetzlich vorge­schrie­be­nen Leichenschauen in den Hamburger Krematorien seien heute nur noch ein Fünftel so viele Fälle mit Druckliegegeschwüren feststellbar wie Ende der 1990er-Jahre. Maximal 0,5 Prozent von jährlich über 13.000 untersuchten Toten wiesen Dekubitus auf. „Das ist eine sehr, sehr positive Entwicklung“, sagte Püschel gestern bei der Vorstellung einer bi­lanzierenden Broschüre mit dem Titel „Mit Druck umgehen“. Die Geschwüre bekommen vor allem pflegebedürftige Menschen, die lange Zeit unbeweglich im Bett oder im Roll­stuhl verbringen müssen. Sie können ein Hinweis auf Pflegemängel sein.

Das Institut für Rechtsmedizin untersucht die Hamburger Toten, die verbrannt werden sollen, seit 1997. Zuvor hatten dies Amtsärzte der Gesundheitsämter gemacht. Püschel sichtete nach eigenen Angaben damals jeden Morgen 50 Tote im Krematorium Öjen­dorf, davon stets mehrere mit Dekubitalgeschwüren. „Das hat mich in gewisser Weise wütend gemacht“, erinnerte er sich. „Dies ist eine Form der Gewalteinwirkung, die ich völlig inak­zeptabel finde.“ Er habe das Einschalten von Polizei und Staatsanwaltschaft für nicht er­folgversprechend gehalten, weil die Schuldigen in der Regel kaum zu ermitteln seien.

Stattdessen habe er auf die Zusammenarbeit mit Pflegeeinrichtungen und der Ge­sund­heitsbehörde gesetzt. Nach einer Verbesserung der Pflegequalität habe es zwischen 2007 und 2010 erneut eine Verschlechterung gegeben. Daraufhin habe er wieder Alarm geschlagen. „Wir werden weiter den Finger in die Wunde legen“, versprach Püschel.
Die Hamburger Krankenhäuser sind nach seiner Einschätzung bei der Dekubitus-Pro­phy­laxe besser als die Pflegeeinrichtungen.

Franz Pröfener von der Hamburger Pflegegesellschaft räumte ein, dass es immer wieder Versorgungsmängel gebe. Eine gewisse Quote von Dekubitus-Fällen sei aber unver­meid­bar. Hochbetagte und schwer kranke Menschen etwa wollten in ihren letzten Le­bens­tagen nicht dauernd umgebettet werden. Vertreter von Pflegeverbänden, des Me­dizinischen Dienstes der Krankenkassen, des Seniorenbeirats und der Gesund­heitsbe­hörde wollen im November wieder an einem Runden Tisch über das Thema beraten.

dpa

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