Ärzteschaft

Der Ärztezuwachs reicht für die Versorgung nicht aus

  • Freitag, 29. März 2019
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Berlin – Die Bundesärztekammer (BÄK) hat angesichts eines zu langsamen Zuwachses an Ärzten in Deutschland den Ruf nach mehr Studienplätzen in der Humanmedizin erneuert. „Wir zehren seit Jahren von der Substanz“, sagte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery anlässlich der neuesten Ärztestatistik der BÄK. Wenn die Politik nicht endlich gegensteu­ere, werde der demografische Wandel zu erheb­lichen Engpässen bei der gesundheitlichen Versorgung führen.

Die Bevölkerung in Deutschland sei eine der ältesten weltweit, und sie werde immer äl­ter. „Es liegt auf der Hand, dass damit auch der Behandlungsbedarf immer größer wird“, sagte Montgomery. Er verwies darauf, dass die Zahl der Behandlungsfälle allein zwischen 2009 und 2017 in den Krankenhäusern von 17,8 auf 19,5 Millionen gestiegen sei. Hinzu kämen etwa eine Milliarde Arztkontakte jährlich in den Praxen.

Nach Angaben des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung arbeiten niederge­lassene Vertragsärzte im Durchschnitt etwa 50 Stunden pro Woche. In den Kranken­häu­sern sind Wochenarbeitszeiten zwischen 60 und 80 Stunden der BÄK zufolge keine Sel­tenheit. Die vom Gesetzgeber geplante Ausweitung der Sprechstundenzeiten mit dem Termin­service- und Versorgungsgesetz bezeichnete Montgomery im Hinblick auf die Zahlen daher auch als „Affront gegen die vielen Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag am Limit arbeiten“.

„Die Zahl der Köpfe steigt. Aber sie steigt nicht schnell genug, um den wachsenden Be­handlungsbedarf abzudecken“, sagte Montgomery mit Blick auf die aktuelle Ärztestatistik der Bundesärztekammer. Demnach waren im vergangenen Jahr 1,9 Prozent mehr Ärzte in Deutschland berufstätig als noch 2017. Die Zahl stieg auf 392.402. Der Anteil der berufs­tätigen Ärztinnen stieg dabei erneut an. Er belief sich Ende 2018 auf 47,2 Prozent.

Die Zahl der im ambulanten Bereich angestellten Ärzte hat sich seit 1996 fast versechs­facht. Sie stieg 2018 im Vergleich zum Vorjahr auf rund 40.000 (+ 10,6 Prozent). Dagegen ist die Zahl der niedergelassenen Ärzte im vergangenen Jahr um 884 auf 117.472 gesunken. Dies entspricht einem Minus von 0,7 Prozent. Der Anteil der im Krankenhaus tätigen Ärzte ist bezogen auf alle ärztlich Tätigen fast unverändert geblieben und beläuft sich auf 51,4 Prozent (Vorjahr: 51,5 Prozent).

„Bund und Länder haben sich jahrelang durchgemogelt und sich darauf verlassen, dass die Ärztinnen und Ärzte es schon richten werden“, unterstrich der BÄK-Präsident. Es sei richtig, dass der ärztliche Nachwuchs dieses Spiel nicht mehr mitspiele und nicht mehr bereit sei, über seine Belastungsgrenze zu gehen.

Dabei helfe ihnen auch das verschärfte Arbeitszeitgesetz, das der routinemäßigen Aus­beutung des ärztlichen Krankenhausperso­nals in Endlos-Schichten einen Riegel vorge­schoben habe. In Anbetracht der angespann­ten Versorgungslage reiche es allerdings nicht mehr aus, Masterpläne anzukündigen. „Die Politik muss endlich liefern. Die einzig seriöse Antwort auf den Ärztemangel heißt: Mehr Studienplätze. Und zwar nicht irgend­wann, sondern jetzt“, so Montgomery.

Doch obwohl sich die Lücken in der Versorgung schon länger abzeichnen, ist die Zahl der Studierenden in der Humanmedizin seit der Wiedervereinigung deutlich zurückgegangen. Wie aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, gab es im Wintersemester 1990/1991 noch mehr als 95.000 Studierende. Ihre Zahl sank bis zum Wintersemester 2015/2016 auf knapp unter 90.000.

Leichtes Plus bei Facharztanerkennungen

Ein leichtes Plus verzeichnet die Ärztestatistik bei den Facharztanerkennungen. Im vergangenen Jahr wurden 13.336 Anerkennungen ausgesprochen. Damit lag die Zahl über den 12.947 Anerkennungen des Vorjahres. Die meisten Anerkennungen wurden mit 2.051 für die Facharztbezeichnung Innere Medizin erworben. Die Zahl der Anerkennun­gen in den Fächern Allgemeinmedizin sowie Innere und Allgemeinmedizin (Hausarzt) ist gegenüber dem Vorjahr von 1.415 auf 1.567 gestiegen.

Etwas Entlastung schafft der BÄK zufolge der Zuzug von Ärzten aus dem Ausland. Die Zahl der in Deutschland gemeldeten ausländischen Ärzte ist 2018 um rund 3.500 auf annähernd 55.000 gestiegen. Die größte Zahl berufstätiger ausländischer Ärzte kommt aus Rumänien (4.312), Syrien (3908) und Griechenland (2777), gefolgt von Österreich (2309). Dem Zuzug stehen 1.941 ursprünglich in Deutschland tätige Ärzte gegenüber, die ins Ausland abgewandert sind. Die beliebtesten Auswanderungsländer sind – wie schon in den vergangenen Jahren – die Schweiz (590), Österreich (254) und die USA (105).

may/EB

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