Der Konnektortausch sorgt weiter für Ärger

Berlin – Der Streit um den bereits von der Gesellschafterversammlung der Gematik beschlossenen Austausch der Konnektoren in den Arztpraxen der niedergelassenen Ärzte ebbt nicht ab. Gematik und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zanken weiter um offene Fragen. Das Thema wird nochmals die Gesellschafter in ihrer Sitzung Anfang August beschäftigen.
Hintergrund des Streits ist ein Beitrag der Zeitschrift c't, die den – zumindest theoretisch – möglichen Aus- und Einbau von sogenannten gSMC-K-Karten aufgezeigt hatte. Daraufhin hatte die KBV die Gematik öffentlich aufgerufen, aufgeworfene Fragen zu beantworten – und eine Frist für Antworten gesetzt. Die KBV wollte unter anderem wissen, ob die Gematik alle Möglichkeiten, die den Konnektorentausch aufgrund abgelaufener Sicherheitszertifikate unnötig machen würden, offen auf den Tisch gelegt hat.
Die Gematik wiederum antwortete gestern via öffentlicher Stellungnahme. Sie untermauert darin, dass sie der Gesellschafterversammlung – Bund, KBV, Bundes(zahn)ärztekammer, GKV-Spitzenverband, Deutscher Krankenhausgesellschaft – alle Möglichkeiten aufgezeigt habe, wie mit dem Ablauf der Sicherheitszertifikate in den Konnektoren umgegangen werden könnte. Der Bund hält 51 Prozent der Anteile an der Gematik.
Neben dem eigentlichen Austausch der Konnektoren habe man „auch die Laufzeitverlängerung der gSMC-K als bereits spezifizierte und weiterhin bestehende Option“ vorgebracht, schreibt die Gematik an die KBV. Eine temporäre Weiternutzung des Konnektors nach der initialen Gültigkeitszeit der gSMC-K-Zertifikate von fünf Jahren sei in Form einer softwarebasierten Lösung als Variante vorgesehen gewesen.
In den Antworten an die KBV erklärte die Gematik auch, dass das Vorgehen der c't, die gSMC-K aus und wieder einzubauen, keine Relevanz hat. Denn der im c’t-Artikel beschriebene Aus- und Wiedereinbau der gSMC-K sei gemäß der Spezifikationslage „zu keinem Zeitpunkt als Option vorgesehen gewesen“. Somit sei dieses Szenario auch „nicht Gegenstand von Sicherheitsprüfungen, Zulassungstests oder Vorgaben des BSI“ (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) gewesen.
Hersteller: Austausch der gSMC-K nicht möglich
Die Gematik stellte klar, dass der Konnektor als „Kernelement der TI als eine untrennbare Einheit von eigentlichem Konnektor und den dort verbauten gSMC-K mit den aufgebrachten Zertifikaten konzipiert“ worden und auch so weiterentwickelt worden sei. Das bestätigten auch die Hersteller.
Demnach sei der Austausch einer alten gSMC-K gegen eine neue gSMC-K nicht möglich, so die Gematik. Auch mit einer Neuausstattung der drei erforderlichen gSMC-K des Konnektors sei ohne weitere Anpassung im Fertigungsumfeld – also durch den Hersteller selbst – eine Weiternutzung des alten Konnektors nicht möglich.
„Die spezifischen Speicherbereiche der gSMC-K werden in der Fertigungsumgebung vorbereitet. Karten-PIN und Schlüssel sind außerhalb dieser Umgebung nicht erstellbar, so dass die alte gSMC-K des Konnektors nicht umkonfiguriert werden kann. Der Konnektor ist somit nicht TI-fähig, das heißt das Zertifikat ist weiterhin abgelaufen“, schreibt die Gematik.
Sie weist darauf hin, dass sich die Gesellschafter gegen eine Verlängerung der Laufzeit via Softwareupdate entschieden hätten und für den Konnektoraustausch. Das habe darauf abgezielt, zweimalige Kosten zu vermeiden und Risiken zu reduzieren, hieß es heute von der Gematik.
Nach Angaben der Gematik von März dieses Jahres müssen insgesamt rund 130.000 Konnektoren ausgewechselt werden. In diesem Jahr sind es 15.150, weitgehend von der Compugroup Medical, die als erster Hersteller mit den Konnektoren am Markt war und bei denen das fünfjahre laufende Sicherheitszertifikat zuerst ausläuft. Im kommenden Jahr sollen 58.083 und 2024 54.914 Zertifikate ablaufen. Betroffen sind alle drei Hersteller von Konnektoren.
KBV nicht überzeugt
Der KBV reichen die Antworten der Gematik nicht aus. Sie will das Thema auf der nächsten Gesellschafterversammlung der Gematik Anfang kommender Woche zur Sprache bringen, wie sie mitteilte. „Wir erwarten von der Gematik, dass sie Gespräche führt, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen die Hersteller gegebenenfalls die gSMC-K austauschen können und was dies kosten würde“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Thomas Kriedel.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) müsse dann prüfen, ob die Vorschläge sicherheitstechnisch machbar seien. Nur so könne eine ergebnisoffene Bewertung der Alternativen im Sinne der Solidargemeinschaft erfolgen, fügte er hinzu.
Die Gesellschafterversammlung der Gematik hatte Ende Februar den Austausch der Konnektoren beschlossen. Basis des Beschlusses war nach Angaben der KBV die Aussage der Gematik, dass es nach Rücksprache mit den Herstellern und dem BSI keine Möglichkeit gebe, dass der Konnektor bis zum Übergang in die Telematikinfrastruktur 2.0 betriebsfähig bleibe und bis dahin nicht noch einmal ausgetauscht werden müsste.
Eine Zertifikatsverlängerung, die auch diskutiert worden war, wäre nach den Vorgaben des BSI maximal bis Ende 2024 möglich gewesen, wenn die Hersteller diese ermöglicht hätten. Der Hardwareaustausch wäre bei dieser Lösung nur verschoben worden.
Der Hartmannbund warf dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und der Gematik heute „massives Versagen“ bei der Etablierung der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen vor. Die quälende aktuelle Diskussion um den (Nicht-)Austausch von Konnektoren sei – bei aller Bedeutung des Themas für die Betroffenen – leider nur eine Fußnote auf einem inzwischen ganz und gar verbrannten Boden.
„Die in den vergangenen Jahren erlebte Mischung aus Zwangsmaßnahmen, wenig überzeugender technischer Performance und finanzieller Unterdeckung in den Praxen ist eine Geschichte nachhaltigen Versagens“, sagte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt, der zugleich Präsident der Bundesärztekammer ist.
Es sei den Gesellschaftern der Gematik – allen voran dem Mehrheitsgesellschafter Bund – nicht gelungen, aus einem im Kern gemeinsamen Interesse ein gemeinsames Projekt zu machen.
„Man kann es nicht oft genug sagen, dass auch die Ärztinnen und Ärzte in ihren Praxen ein elementares Interesse an einer für sie und ihre Patientinnen und Patienten sinnvollen Implementierung von digitalen Prozessen haben“, betonte Reinhardt.
Dazu müsse aber der Mehrwert mindestens in einem angemessenen Verhältnis zum erbrachten Aufwand stehen – egal ob finanziell oder auch mit Blick auf die „human resources“. Das mühsame Feilschen um kostendeckende Erstattungen und fehlendes Vertrauen seien jedenfalls kein guter Nährboden für blühende digitale Landschaften.
Reinhardt appellierte vor diesem Hintergrund mit Blick auf die am kommenden Dienstag stattfindende Gesellschafterversammlung der Gematik eindringlich an alle Beteiligten, endlich Klarheit über die bisher abgelaufenen Prozesse und über den aktuellen Stand der Dinge zu schaffen.
„Wenn wir Vertrauen bei den Kolleginnen und Kollegen an der Basis schaffen wollen, dann brauchen wir einen einvernehmlichen Beschluss auf Grundlage von unbestreitbaren Fakten.“
Zu diesen Fakten gehöre im Übrigen auch, dass die Finanzierung eines möglichen Konnektoraustausches auf Basis des bestehenden Beschlusses nicht machbar sei. Hier müsse sich der Bund als Mehrheitsgesellschafter auf jeden Fall noch bewegen.
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