Ärzteschaft

Dermatologen und Barmer streiten über Haut-Check-App

  • Donnerstag, 8. August 2024
/Screenshot DÄ
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Berlin – Die Barmer bietet ihren Versicherten mit einer App einen digitalen Haut-Check an. Das Angebot stößt beim Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) nicht auf Gegenliebe. Dieser beklagt nicht nur feh­len­de Informationen für Patienten. Die Barmer verteidigt sich.

Beim digitalen Haut-Check der Barmer können Versicherte Hautstellen oder Leberflecke fotografieren und in der App hochladen. Nach dem Foto-Upload soll es innerhalb von 48 Stunden eine hautärztliche Einschätzung und ein Rezept geben.

Aus Sicht der Barmer dient die App auch zur Vorbeugung. Durch gefühlt lange Wartezeiten, einem stressbe­hafteten Ter­minmanagement in der Familie oder die Suche bei „Dr. Google“ könne wertvolle Zeit verloren gehen, hieß es von der Krankenkasse. Das solle vermieden werden.

Der BVDD beäugt die Möglichkeit für Nutzer des Barmer-Haut-Checks, Muttermale beurteilen zu lassen, hin­gegen kritisch. Wenn diese neu aufgetreten seien oder sich verändert hätten, bestehe der Verdacht auf schwarzen Hautkrebs.

„Hier reichen Fotos zur Beurteilung einfach nicht aus und unterschreiten den fachärztlichen Standard“, warnte BVDD-Präsident Ralph von Kiedrowski. Bei verdächtigen Muttermalen empfiehlt der BVDD eine Untersuchung mit klassischer Auflichtmikroskopie im Livekontakt als bessere und leitliniengerechte Diagnostik.

Für die Dermatologen reichen auch die Informationen der App für die Versicherten nicht aus. Sie bemän­geln unter anderem, es sei nicht ersichtlich, ob und wenn ja, welche Fach­ärzte für Dermatologie beziehungsweise für Haut- und Geschlechtskrankheiten die von den Versicherten ein­gesendeten Bilder und Anamneseangaben beurteilten. Es bleibe unklar, ob überhaupt der Facharztstandard erreicht werde.

Die Barmer betont auf Nachfrage, dass der Haut-Check ausschließlich von ausgebildeten Fachärzte mit ent­sprechenden Qualifikationen durchgeführt werde. „Alle teilnehmenden dermatologischen Praxen haben einen Vertragsarztsitz. Die Beurteilung erfolgt unter Beachtung der ärztlichen Sorgfaltspflichten und erfüllt alle notwendigen Kriterien für den laufenden und konformen Betrieb“, sagte eine Sprecherin.

Der digitale Haut-Check soll demnach die dermatologische Versorgung um einen weiteren Zugangsweg erg­änzen. „Dort erhalten die Versicherten eine fundierte fachärztliche Ersteinschätzung. Der überwiegende Teil kann dabei bereits fallabschließend erledigt oder eingeschätzt werden“, erklärte die Barmer-Sprecherin.

Wenn das Krankheitsbild unklar oder schwerwiegender sei, rieten die Fachärzte zu einem Besuch einer der­ma­tologischen Praxis. Daher solle der digitale Hautcheck die Dermatologen vor Ort auch nicht ersetzen, son­dern lediglich ein Stück weit entlasten.

Von Kiedrowski erinnerte an einen Beschluss des Deutschen Ärztetages, nach dem nur derjenige eine tele­medizinische Beratung anbieten sollte, der auch in der Lage sei, eine Präsenzvorstellung für unklare Fälle zu gewährleisten. Nach Ansicht des BVDD müssten Patienten, bei denen die Beurteilung des Hautproblems per digitalem Haut-Check nicht ausreiche, vom Ärztepool der Barmer versorgt werden.

Auch werde durch die kostenfreie Nutzung des Haut-Checks für die Versicherten ein Anreiz gesetzt, bei jeder Hautveränderung zur App zu greifen und diese „mal eben“ checken zu lassen. „Auf diese Weise wird Teleder­ma­tologie in der GKV-Flatrate verramscht, bevor sie sich überhaupt in der breiten Versorgung etabliert hat“, monierte der BVDD-Präsident.

Zum Vorwurf des BVDD, dass die App als Medizinprodukt zertifiziert sein müsste, nimmt die Kasse keine Stellung. Die Dermatologen hatten darauf hingewiesen, dass Versicherten keine Informationen über eine Zertifizierung der Barmer-App als Medizinprodukt angezeigt werde.

Der BVDD verwies dazu auf ein aktuelles Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Ham­burg vom 20. Juni dieses Jahres. Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte entschieden, dass auch asynchrone telemedi­zini­sche Dienste als Medizinprodukte der Risikoklasse IIa zertifiziert sein müssen, wenn sie zum Zweck der ärztli­chen Diagnose­stellung keine eigenen Daten erhe­ben, sondern Patientendaten strukturiert übermitteln.

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