Deutliche Vorteile für Genesene während der Delta-Welle – mit und ohne Impfung

New York – Nicht nur eine Impfung schützt vor einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus und damit verbundenen Krankenhausaufenthalten. Auch eine frühere Infektion bewahrt viele Menschen. Dieser Effekt bei Genesenen kam noch deutlicher zum Tragen, nachdem die Delta-Variante im Juli 2021 in den USA dominant wurde und die Impfimmunität abnahm. Das zeigt eine Auswertung in New York und Californien, die im Morbidity and Mortality Weekly Report erschienen ist (2022; DOI: 10.15585/mmwr.mm7104e1).
Das mit Abstand größte Risiko für eine Infektion und eine Hospitalisierung hatten aber ungeimpfte Menschen. Anfang Oktober 2021 infizierten sich geimpfte Personen ohne vorherige Coronainfektion im Vergleich zu Ungeimpften ohne vorherige Infektion 6,2-mal (Californien) beziehungsweise 4,5-mal (New York) seltener mit SARS-CoV-2.
Deutlich geringere COVID-19-Raten gab es bei all jenen, die sich schon einmal mit dem Virus infiziert hatten: bei Ungeimpften mit vorheriger Infektion um das 29,0-fache (Kalifornien) beziehungsweise das 14,7-fache (New York) und bei geimpften Personen mit vorheriger Infektion um das 32,5-fache (Kalifornien) beziehungsweise 19,8-fache (New York).
Die Auswertung der Hospitalisierungen zeigte ein vergleichbares Muster – Genesene wurden deutlich seltener im Krankenhaus behandelt – sowohl ohne als auch mit Impfung.
„Der beste Schutz entsteht, wenn man geimpft ist und dann noch eine Infektion bekommt oder andersherum“, erläuterte der Virologe Hendrik Streeck von der Universität Bonn die Studiendaten bei Markus Lanz am 25. Januar 2022. Man wolle aber auf keinen Fall dafür werben, sich zu infizieren, so Streeck weiter und betonte noch mal den guten Schutz, denn auch die Impfung mit sich bringe.
Ob die Genesenen aufgrund dieser Daten von einer Impfpflicht ausgespart werden sollten, müsse politisch entschieden werden, sagte Streeck, der auch Mitglied im Coronaexpertenrats der Bundesregierung ist.
Da es sich bei der Impfung aber um einen Eigenschutz handeln würde, ist Streeck kritisch, was die Impfpflicht angeht. „Diese Gesundheitsvorsorge wurde in Deutschland bisher immer als etwas sehr persönliches angesehen und nicht als etwas, das von außen angeordnet wird.“ Als Vergleich zog der Virologe das Rauchen oder ungesundes Essverhalten heran.
Auch die Studienautoren um Tomás M. León vom California Department of Public Health und Forschenden der Centers of Disease Control and Prevention (CDC) empfehlen in ihrem Fazit nicht, aktiv einen Genesenenstatus anzustreben. Sie empfehlen die Impfung: „Obwohl sich die Epidemiologie von COVID-19 mit neuen Varianten ändern könnte, bleibt die Impfung die sicherste Strategie, um künftige SARS-CoV-2-Infektionen, Krankenhausaufenthalte, Langzeitfolgen und Todesfälle zu verhindern.“
Vorteile der Genesung bei Infektionen mit Omikron noch unklar
Wichtig ist, dass der durch die Infektion hervorgerufene Schutz höher war, nachdem die Delta-Variante vorherrschend wurde, also zu einem Zeitpunkt, als die durch den Impfstoff hervorgerufene Immunität bei vielen Personen aufgrund von Immunevasion und immunologischer Abschwächung abnahm (NEJM 2022, MMWR 2021, medRXiv 2021). In 2 früheren US-Studien in der Zeit vor der Deltadominanz hatte die Impfung einen höheren Schutz als eine frühere Infektion erzielt (MMWR 2021, MMWR 2021).
In ihrer Analyse hatten die Forschenden Labortests, Krankenhausüberwachungen und Impfdaten in 2 großen Bundesstaaten im Zeitraum von Mai bis November 2021 einbezogen. Die SARS-CoV-2 Omikron-Variante war damals noch nicht weit verbreitet und die wenigsten hatten eine Boosterimpfung erhalten, um sich gegen die nachlassende Immunität zu schützen.
Ähnliche Daten unter Berücksichtigung von Auffrischungsimpfungen und der Verbreitung neuer Varianten, einschließlich Omikron, müssen noch ausgewertet werden. Unklar ist auch, wie lange der Genesenenstatus schützt.

Booster senkt Mortalität mit COVID-19 fast auf 0
Unabhängig vom Genesenenstatus zeigen die Zahlen etwa aus den USA, der Schweiz und Chile aber schon jetzt einen deutlichen Vorteil der Boosterimpfung.
Denn die wöchentliche Mortalistätsrate ist bei Geimpften mit Booster niedriger als bei jenen ohne Booster (Our World in Data). In den USA verstarben Anfang Dezember 9,74 ungeimpfte Menschen mit COVID-19 pro 100.000 Einwohnern.
Unter den doppelt Geimpften gab es im selben Zeitraum nur 0,71 Todesfälle pro 100.000 Einwohner und unter den dreimal geimpften Personen sank die Sterberate auf 0,1.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: