Diphtherieausbrüche in verschiedenen europäischen Ländern, auch in Deutschland

Kopenhagen – In verschiedenen europäischen Ländern ist es zu Ausbrüchen von Diphtherie gekommen, auch in Deutschland. Das geht aus Kongressabstracts und Postern für den European Congress of Clinical Microbiology & Infectious Diseases (ECCMID) 2023 hervor. Der Kongress findet vom 15. bis 18. April in Kopenhagen statt.
In Deutschland fiel der Ausbruch 2022 auf: Er betraf bis März 2023 169 Migranten, die nach Deutschland gekommen waren, hauptsächlich aus Afghanistan und Syrien. Das Robert-Koch-Institut (RKI) berichtete bereits im September 2022 von den steigenden Diphtheriezahlen.
Auch aus Großbritannien gibt es Meldungen über gestiegene Diphtheriezahlen. 2022 registrierten die Gesundheitsbehörden 73 Fälle, während der Jahresdurchschnitt der vorangegangenen Jahre bei zwölf Fällen lag. Ebenso Österreich: Hier wurden im Jahr 2022 62 Fälle gemeldet.
Die Sequenzierung des gesamten Genoms und die phylogenetische Analyse am Nationalen Konsiliarlabor für Diphtherie in Oberschleißheim sowie die Analyse der Migrationsrouten deuten laut Franziska Badenschier von der Abteilung für Infektionsepidemiologie des RKI darauf hin, dass die betroffenen Migranten das toxigene Corynebacterium diphtheriae weder in ihrem Heimatland noch in Deutschland erworben haben, sondern dazwischen während ihrer Migration – hauptsächlich entlang der Balkanroute, die unter anderem Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Nordmazedonien, Rumänien, Serbien und Slowenien umfasst.
Es wurde laut Arbeitsgruppe klar, dass dieser Ausbruch in Deutschland Teil eines internationalen Ausbruchs in Europa ist.
Diphtherie manifestiert sich in zwei Hauptformen: Die respiratorische Diphtherie ist in Deutschland seit Einführung des Impfprogramms sehr selten geworden. Vielmehr macht die sogenannte Hautdiphtherie hierzulande die meisten übermittelten Fälle aus. Die Erkrankung wird durch Diphtherietoxin produzierende (toxigene) Corynebakterien verursacht. In Deutschland ist seit 2017 jeglicher Nachweis der Bakterien meldepflichtig.
Die Zahlen der ans RKI übermittelten Diphtheriefälle sind seit einigen Wochen rückläufig, der Ausbruch ist laut dem Institut jedoch noch nicht vorrüber. „Das RKI beobachtet die Lage weiterhin sehr genau und ist im ständigen Austausch mit den Gesundheitsbehörden, dem Konsiliarlabor für Diphtherie und internationalen Einrichtungen wie dem European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC)“, sagte das RKI dem Deutschen Ärzteblatt.
Da der Ausbruch noch andauert und die Quellen des Ausbruchs noch nicht identifiziert sind, schlagen Badenschier und ihre Mitautoren eine aktive Fallfindung und Ausbruchserkennung in den Ländern entlang der Balkanroute vor.
Das RKI möchte medizinisches Personal zum Beispiel im Öffentlichen Gesundheitsdienst sensibilisieren. Es empfiehlt, bei auffälligen Hautläsionen vor Beginn einer antibiotischen Therapie eine allgemeine Erregerdiagnostik zu veranlassen. Bei klinischem Verdacht auf Hautdiphtherie sollten zeitgleich zum Hautabstrich Nasen- und Rachenabstriche genommen werden.
Die Ständige Impfkommission im RKI (STIKO) empfiehlt zur Grundimmunisierung gegen Diphtherie drei Impfstoffdosen im Alter von zwei, vier und elf Monaten. Die Impfquoten sind laut dem RKI in Deutschland hoch: Im Alter von 15 Monaten lagen sie in den Jahren 2016 bis 2021 zwischen 98 Prozent (eine Impfung gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis) und 91 Prozent (drei Dreifachimpfungen). Bis zum Schulbeginn werden laut dem RKI zudem einige fehlende Impfungen nachgeholt.
Auffrischimpfungen empfiehlt die STIKO im Alter von fünf bis sechs Jahren und neun bis 16 Jahren und danach in zehnjährigem Abstand. „Im Jahr 2021 hatten 53,4 Prozent der Personen im Alter von mindestens 18 Jahren in den vergangenen zehn Jahren (2012-2021) eine Impfung gegen Diphtherie erhalten“, berichtet das RKI.
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