RKI gibt Empfehlungen zu Diphtherie-Ausbruch unter Geflüchteten

Berlin – Die Zahl der Diphtheriefällen unter Geflüchteten in Deutschland hat weiter leicht zugenommen. Das geht aus Daten hervor, die kürzlich in Eurosurveillance (DOI: 10.2807/1560-7917.ES.2022.27.46.2200849) veröffentlicht worden sind.
Seit Ende Juli 2022 sei „ein bemerkenswerter Anstieg“ von Fällen importierter, hauptsächlich kutaner Diphtherie, die durch das toxigene Corynebacterium diphtheriae verursacht werde, bei Migranten beobachtet worden, die kürzlich nach Deutschland gekommen seien, schreiben die Autoren.
Zwischen dem 1. Januar und dem 30. September 2022 wurden demnach dem Robert-Koch-Institut (RKI) 44 Diphtheriefälle gemeldet, die der Arbeitsdefinition für einen bestätigten Ausbruchsfall entsprochen hätten.
Die Daten gingen bis zum 22. Oktober zurück, um verspätete Meldungen und Labornachuntersuchungen zu berücksichtigen. Im RKI-Bulletin 36/2022 waren mit Stand 6. September noch 32 Diphtheriefälle angegeben worden.
Den Zahlen aus Eurosurveillance zufolge waren Stand 30. September neunzehn lokale Gesundheitsbezirke in sieben von 16 Bundesländern betroffen. Ein Fall wurde den Angaben nach im Mai gemeldet, die anderen 43 ab Ende Juli 2022. Von den 44 Fällen traten 42 mit kutaner Diphtherie auf, einer mit respiratorischer Diphtherie und einer war asymptomatisch, wurde aber im Labor bestätigt.
Alle ausbruchsbedingten Fälle waren der Studie zufolge männlich und hatten ein Durchschnittsalter von 18 Jahren. Wenn die Herkunftsländer bekannt waren, handelte es sich zumeist um Syrien (21) und Afghanistan (17), es gab jedoch auch Fälle aus Tunesien und Jemen (je einer).
Die meisten Fälle seien durch ärztliche Untersuchungen in Aufnahmezentren festgestellt worden, schreibt das Autorenteam. Hintergrund sei, dass die Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften für Migranten und Asylbewerber verpflichtet seien, eine klinische Untersuchung auf übertragbare Krankheiten zu akzeptieren.
Der Impfstatus habe in der Regel nicht festgestellt werden können, da Impfausweise fehlten. „Bei den 44 Fällen konnte keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung innerhalb Deutschlands bestätigt werden“, schreiben die Forscher.
RKI empfiehlt Statusprüfungen und Impfungen
Das RKI nutzte heute die Veröffentlichung der aktuellen Daten dafür, auf bestehende Empfehlungen hinzuweisen. Man erinnere aufgrund des Geschehens „an die bestehenden Impfempfehlungen gegen Diphtherie“, schreibt das Institut. Es sei wichtig, bestehende Impflücken zu identifizieren und zu schließen.
Die Behörde rät bei unbekanntem Impfstatus die Impfungen nachzuholen. Bei fehlender oder unvollständiger Impfdokumentation – wie es häufig bei kürzlich zugewanderten Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen vorkomme –, sei „im Interesse der zu schützenden Person von fehlenden Impfungen auszugehen“. Diese sollten gemäß des altersentsprechenden Impfkalenders nachgeholt werden.
Bei bekanntem Impfstatus müssten Impflücken identifiziert und geschlossen werden. Das sei gelte vor allem für Mitarbeitende in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete sowie für medizinisches und pflegerisches Personal, das potenziell Fälle von Hautdiphtherie oder respiratorischer Diphtherie behandele.
„Diese sollten über einen aktuellen Impfstatus verfügen, das heißt eine vollständige Grundimmunisierung gegen Diphtherie haben, sowie eine Auffrischimpfung alle 10 Jahre für alle, die älter als 18 Jahre sind“, so das RKI weiter.
Bei engen Kontaktpersonen von an Diphtherie Erkrankten ist dem RKI zufolge eine postexpositionelle Impfung zu erwägen. „Enge Kontaktpersonen sollten eine postexpositionelle Impfung gegen Diphtherie erhalten, wenn die letzte Impfung gegen Diphtherie mehr als fünf Jahre zurückliegt“, mahnt das RKI an.
Den Daten aus Eurosurveillance zufolge haben andere europäische Länder ähnliche Beobachtungen mit Diphtheriefällen gemacht, darunter Österreich, Belgien, Frankreich, Norwegen, die Schweiz und das Vereinigte Königreich.
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