Diskussion um schnellere Anerkennungsverfahren für Ärzte mit ausländischer Berufsqualifikation

Berlin – Der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für eine beschleunigte Anerkennung von medizinischen Berufsabschlüssen aus Drittstaaten sorgt für Diskussionen in der Ärzteschaft. Kontrovers ist dabei nicht das Ziel des Gesetzes – nämlich Anerkennungsverfahren für Ärzte mit ausländischer Berufsqualifikation transparenter und effizienter zu gestalten, – sondern die dafür vorgesehenen Anpassungen.
Die Bundesärztekammer (BÄK) hatte den Gesetzentwurf in einer ersten Stellungnahme Mitte Juli grundsätzlich begrüßt, aber eine weitergehende Prüfung angekündigt. In der offiziellen Stellungnahme heißt es, man sehe „mit Sorge, dass der Referentenentwurf den Eindruck erweckt, eine Beschleunigung der Anerkennungsverfahren könne unter Wahrung der Anforderungen an die Patientensicherheit mit geringeren Kosten verwirklicht werden“.
Unabhängig von den beabsichtigten Verfahrensänderungen werde sich eine relevante Verbesserung der Lage aber nur erreichen lassen, wenn die personelle und technische Ausstattung der beteiligten Behörden deutlich verbessert wird, so die BÄK. Mit Blick auf die derzeitige unzureichende Ausstattung seien auch bei einem geänderten Verfahren zusätzliche Mittel erforderlich.
Im Zusammenhang mit den geplanten Änderungen am Anerkennungsverfahren für Ärztinnen und Ärzte ist laut BÄK eine abschließende Beurteilung ohne die Kenntnis der noch vorzunehmenden Anpassung der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) nicht möglich. Zum einen würden Inhalte aus der Bundesärzteordnung (BÄO) herausgenommen und in die ÄApprO verlagert und zum anderen sollen wesentliche Aspekte des Vorhabens in der ÄApprO geregelt werden – insbesondere die Konkretisierung und Ausgestaltung der Kenntnisprüfung.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) betont in ihrer Stellungnahme, Ärztinnen und Ärzte mit ausländischen Berufsqualifikationen würden auch in der vertragsärztlichen Versorgung einen wichtigen Beitrag leisten. Man begrüße daher Maßnahmen, die im Rahmen der Anerkennungsverfahren eine Beschleunigung der Verfahren bewirken – Versorgungsqualität und -sicherheit müssten aber gewährleistet bleiben.
Die Verfahrensdauern in den einzelnen Kammerbezirken ließen sich auf die im Referentenentwurf vorgeschlagene Weise noch nicht angleichen, so die Einschätzung der KBV. Es erscheine notwendig, „hier einen Weg zu finden, der eine bundesweit verlässliche Verfahrensdauer gewährleistet“ – etwa durch entsprechende Verfahrensfristen.
Auch der Marburger Bund (MB) sieht Probleme. Problematisch sei zum Beispiel der geplante Vorrang der Kenntnisprüfung vor der dokumentenbasierten Gleichwertigkeitsprüfung. „Anstatt sämtliche bereits erworbenen beruflichen Qualifikationen der Ärzte zu evaluieren und wertzuschätzen und nur dann eine Prüfung zu verlangen, wenn ein gleichwertiger Kenntnisstand der Ausbildung nicht nachgewiesen werden kann, soll die Kenntnisprüfung regelhaft abgenommen werden“, so der MB. Dies konterkariere das Bestreben, in Drittstaaten qualifizierte und dringend benötigte Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen und langfristig zu binden, kritisiert der Verband.
Der Gesetzentwurf bleibe zudem an entscheidenden Stellen unklar und widersprüchlich. Einerseits solle die Kenntnisprüfung zum Regelfall werden, andererseits sollen die Ärztinnen und Ärzten ein Wahlrecht erhalten. Hierfür fehlen laut dem MB jedoch eindeutige gesetzliche Regelungen. Der MB appelliert an den Gesetzgeber, „Rechtssicherheit herzustellen und praktikable, transparente und faire Anerkennungswege zu unterstützen“.
Sinnvoll sei hingegen der Ausbau der Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe (GfG) zur zentralen Anerkennungsbehörde. Diese müsse personell so ausgestattet werden, dass alle Anträge auf Erteilung einer Approbation beziehungsweise Berufserlaubnis von Ärztinnen und Ärzten mit Drittstaatenausbildung fristgerecht bearbeitet und auch dort beschieden werden könnten, so die Forderung des MB.
Auch der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) und die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) sehen die im Referentenentwurf vorgesehene Möglichkeit kritisch, Bewerber ohne vorherige Gleichwertigkeitsprüfung und ohne aussagekräftige Ausbildungsnachweise direkt zur Kenntnisprüfung zuzulassen.
„Ohne einen grundlegenden Nachweis über die Struktur und Inhalte der absolvierten Ausbildung riskieren wir, dass Ärztinnen und Ärzte zur Prüfung zugelassen werden, deren medizinische Vorbildung nicht belegt ist“, sagte Gernot Marx, Präsident der DGAI.
Erfahrungen aus der Praxis zeigten, dass unter den Prüflingen immer wieder Personen seien, denen grundlegende medizinische Kenntnisse fehlten – etwa in der Notfallversorgung oder bei der Interpretation diagnostischer Befunde.
DGAI und BDA fordern daher, dass die Kenntnisprüfung erst stattfinden dürfe, wenn grundlegende Ausbildungsnachweise vorliegen und diese als gleichwertig zu einem abgeschlossenen Medizinstudium in Deutschland anerkannt wurden. Nötig seien zudem nicht weniger, sondern mehr zusätzliche qualitätssichernde Maßnahmen – wie eine standardisierte schriftliche Eingangsprüfung.
„Der BDA und die DGAI sprechen sich damit klar gegen jede Absenkung der Qualitätsstandards aus und empfehlen, die bestehenden Verfahren nicht nur beizubehalten, sondern gezielt zu stärken“, hieß es aus den Verbänden.
Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband (HÄV) teilt die Kritik des MB nicht. „Positiv bewertet werden insbesondere der direkte Einstieg in eine Kenntnisprüfung als Regelfall statt einer aufwändigen, dokumentenbasierten Gleichwertigkeitsprüfung“, heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes.
„Die angestrebten Beschleunigungsmaßnahmen dürfen nicht zulasten der Qualität der Krankenversorgung gehen“, mahnte Renate Deinzer, Vorsitzende der Kommission Aus-, Weiter- und Fortbildung der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).
Daher müsse die Kenntnisprüfung für ausländische Fachkräfte sowohl schriftlich als auch klinisch-mündlich-praktisch erfolgen und den Aspekt der ärztlichen Gesprächsführung beinhalten. Diese Prüfungen sollten sich an die jeweiligen deutschen Staatsexamina anlehnen, mit denen das Studium abgeschlossen und die Approbation erreicht würden. „Sie darf nicht hinter diese Standards zurückfallen“, betonte sie.
„Als höchste Priorität muss die Sicherheit von Patientinnen und Patienten gewährleistet bleiben“, sagte Henning Schliephake, stellvertretender AWMF-Präsident. Die geplanten Regelungen zur partiellen Berufserlaubnis seien in dieser Hinsicht „hochproblematisch“.
Aus seiner Sicht würden so Niederlassungen von Personen möglich, die nur in einem ärztlichen Teilbereich tätig werden dürften und dies durch die (ausländische) Bezeichnung ihrer Qualifikation und Angabe des Tätigkeitsbereichs kenntlich machen müssten. Er wies darauf hin, dass es Patienten schon heute schwerfalle, die verschiedenen ärztlichen Fachdisziplinen einzuordnen.
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