DIVI-Präsident warnt vor Grenzsituationen auf Intensivstationen

Berlin – Wenn die SARS-CoV-2-Infektionszahlen über längere Zeit auf dem aktuellen Niveau bleiben, droht eine „fortgesetzte Grenzsituation“ auf den Intensivstationen. Dies betonte heute Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).
Angesichts der knapper werdenden Ressourcen, vor allem im Personalbereich, müsse es nun darum gehen, alle Kräfte zu konzentrieren – vertretbar verschiebbare Eingriffe und Behandlungen sollten temporär unterbleiben.
Zudem forderte Janssens eine rechtliche Absicherung für Ressourcenumverteilungen bis hin zu etwaigen Triagesituationen. Hier sei die aktuelle Sitation „unbefriedigend“. Es gelte, transparent das „Vertrauen des Staates“ an die Mediziner auszusprechen und die Voraussetzungen für Triagesituationen bundesweit zu regeln.
Christian Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter des DIVI-Intensivregisters, zufolge sei bis mindestens Mitte Januar mit steigenden COVID-19-Belegzahlen in den Krankenhäusern zu rechnen – selbst wenn die aktuellen Eindämmungsmaßnahmen für ein Absinken der Infektionszahlen sorgten.
Modellrechnungen zur zeitlichen Verzögerung zwischen den Infektionen und den Krankenhausbehandlungen ließen eine Patientenzahl von etwa 6.000 erwarten, so Karagiannidis. Dieses hohe Niveau könne durchaus drei bis vier Monate bestehen bleiben. Aktuell befinden sich in Deutschland etwa 5.200 COVID-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung.
Diese Kapazitätsauslastung führt bereits jetzt regional zu Überlastungssituationen, wie Steffen Weber-Carstens vom DIVI-Intensivregister betonte. Das Kleeblattkonzept zur Umverteilung von Patienten erlaube aber mittels „guter Kommunikation“ eine adäquate Reaktion. Um weitere Betriebseinschränkungen an den Krankenhausstandorten zu verhindern, sollte aber das Krankenhauspersonal „schnellstmöglich“ gegen SARS-CoV-2 geimpft werden.
Zum Aspekt der Impfungen verlieh Gernot Marx, designierter DIVI-Präsident 2021, seiner Hoffnung auf eine hohe Impfbereitschaft der gesamten Bevölkerung Ausdruck. Sowohl die Daten zur Schutzwirkung als auch zum Nebenwirkungsprofil des Biontech/Pfizer-Impfstoffes sähen sehr positiv aus. Bis man die angestrebte Herdenimmunität erreiche, werde es jedoch dauern – solange müssten die weiteren Schutzmaßnahmen weiter befolgt werden.
Stefan Kluge, Vorstandsmitglied der DIVI, äußerte sich zu den derzeitigen Behandlungsoptionen von stationären COVID-19-Patienten. Die kürzlich veröffentlichte S2k-Leitlinie zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19 enthalte Schlüsselempfehlungen auf dem neuesten Stand der Erkenntnisse. Im Vordergrund der Leitlinie stehen die Sicherstellung einer ausreichenden Oxygenierung, eine korrekte medikamentöse Thromboseprophylaxe sowie die Therapie mit Dexamethason bei schweren Verläufen.
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