Spahn kündigt Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung an

Berlin – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat eine Anhebung der Beiträge zur Pflegeversicherung angekündigt. „Ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Wir werden in den nächsten Jahren die Beiträge nochmals erhöhen müssen“, sagte Spahn gestern Abend in der ARD-Sendung „Maischberger“. Eine Erhöhung sei notwendig, um die steigende Zahl von Pflegebedürftigen zu finanzieren. Da müsse man „kein Riesen-Mathematiker sein“, so der Minister.
In der vergangenen Legislaturperiode war der Beitrag zur Pflegeversicherung im Zuge der Pflegestärkungsgesetze zweimal angehoben worden: von 2,05 Prozent vom Brutto auf 2,35 und zuletzt auf 2,55 Prozent (2,8 Prozent für Kinderlose). Damals wurde im Zuge der Pflegereform auch von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade umgestellt. Dadurch haben mehr Menschen Anspruch auf Leistungen, insbesondere bei Demenzerkrankungen oder psychisch bedingter Pflegebedürftigkeit. Der damalige Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte erklärt, der Beitragssatz solle bis 2022 möglichst stabil bleiben.
Kontrollsystem für Pflegeheime
Spahn will ferner ein neues Kontrollsystem für Pflegeheime auf den Weg bringen. Der Pflege-TÜV sei „unbefriedigend, so wie er im Moment ist“. Er würde ihn gerne aussetzen, „bis wir ein besseres System haben“. Dies scheitere aber bisher am Koalitionspartner SPD, der sein Vorhaben schon in den Koalitionsverhandlungen blockiert habe. Der Pflege-TÜV wird immer wieder als irreführend und intransparent kritisiert. Eingeführt wurden die Pflegenoten für Heime und ambulante Pflegedienste im Sommer 2009.
Spahn erklärte gestern auch, er könne sich nicht vorstellen, seine Eltern selbst zu pflegen. „Meine Eltern würden es auch nicht erwarten, dass ich meinen Beruf aufgebe, um sie zu pflegen“, sagte der CDU-Politiker. Der auch für Pflege zuständige Minister ergänzte: „Ich würde so oft wie möglich versuchen, zu Hause zu sein und mitzuhelfen.“ Alle würden in ihren Familien das Thema weit wegschieben – „meistens, bis es zu spät ist“. Er habe das Gespräch hierüber mit seinen Eltern erst gesucht, als er vor Jahren in einer Talksendung darauf angesprochen worden sei, erzählte Spahn.
Diskussion um künftige Vollfinanzierung der Pflege
Bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags hatte sich gestern der Gesundheitsökonom Stefan Greß von der Hochschule Fulda ebenfalls zur Finanzierung der Pflegeversicherung geäußert. Entscheidend sei die Finanzierung von zusätzlichem Pflegepersonal, erklärte er. Dabei könne es nicht die Aufgabe der Pflegebedürftigen sein, die Pflegekräfte zu finanzieren. „Wir werden nicht um eine Grundsatzentscheidung herumkommen: Ist die Teilleistung der Pflegeversicherung noch zeitgemäß?“, sagte Greß.
Ähnlich hatte sich vorgestern der neue Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, geäußert: Angesichts von erwarteten steigenden Ausgaben in der Pflege „müssen wir eine Diskussion darüber führen, ob die Pflegeversicherung als Teilkaskoversicherung jetzt noch richtig ist“.
Pflegeschlüssel: Unterschiede abschaffen
Bei „Maischberger“ ging es auch um das künftige Verhältnis zwischen Pflegekräften und Bewohnern in Pflegeheimen. Heute variieren die Vorgaben dazu je nach Bundesland. Spahn kündigte an, die Unterschiede in den Ländern abschaffen zu wollen. „Es ist nicht einzusehen, dass es in Bayern andere Standards gibt als in Mecklenburg-Vorpommern“, sagte auch Greß bei der Anhörung. „Die Bundesländer müssen sich dazu verpflichten, einheitliche Standards zu implementieren.“
Anlass für die Anhörung waren vier Anträge der Fraktionen „Die Linke“ und „Bündnis 90/Die Grünen“. Darin forderten beide Parteien unter anderem, den Pflegevorsorgefonds aufzulösen und das bislang angesparte Geld zur Finanzierung neuer Pflegekräfte beziehungsweise zur besseren Bezahlung der Pflegenden zu verwenden. Der Pflegevorsorgefonds war mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz zum 1. Januar 2015 eingerichtet worden. In den Fonds fließen seither 0,1 Prozentpunkte der Beiträge zur Pflegeversicherung. Bis zum Jahr 2035 soll auf diese Weise Kapital angespart werden, das die danach erwarteten Beitragssatzsteigerungen abfedern soll.
Grit Genster von verdi unterstützte die Forderung der beiden Parteien. Der Fonds führe derzeit zu Negativzinsen. Das sei wenig sinnvoll. Bislang seien in dem Fonds 3,2 Milliarden Euro angespart worden. Dieses Geld könne heute besser für den Aufbau neuen Pflegepersonals eingesetzt werden.
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