Einbindung der Ärzte entscheidend für elektronische Gesundheitsakten

Berlin – Auch in der privaten Krankenversicherung (PKV) arbeiten Unternehmen an übergreifenden Infrastrukturen für die digitale Kundenkommunikation und den Datenaustausch. Ein Beispiel dafür ist die digitale Plattform „Meine Gesundheit“, ein Gemeinschaftsprojekt von AXA, Debeka und Versicherungskammer Bayern. Mit der Compugroup Medical ist dabei außerdem der Marktführer unter den Arztsoftwarehäusern mit im Boot.
Inzwischen habe man 6.500 Ärzte als Teilnehmer für die Plattform gewonnen, berichtete Thilo Schumacher, Vorstandsmitglied der AXA Krankenversicherung, bei der Euroforum-Konferenz PKV aktuell & digital in Berlin. „Damit ist ungefähr jeder zehnte niedergelassene Arzt auf der Plattform.“ Das Projekt ist laut Schumacher auf Wachstumskurs: Ein weiteres Unternehmen der PKV-Branche will seine Beteiligung an dem Projekt in Kürze bekanntgeben. Zudem sei man mit dem zweitgrößten Praxissoftwareanbieter diesbezüglich ebenfalls in Kontakt, berichtete Schumacher, ohne direkt einen Namen zu nennen.
Allein die AXA verzeichnet ihm zufolge inzwischen 90.000 Versicherte als Nutzer des Portals. Insgesamt wurden bislang rund 520.000 Leistungsabrechnungen digital über die Plattform abgewickelt. Weitere Funktionen sind beispielsweise Terminvergaben, eine Arztsuche und ein Medikamentencheck.
Direkte Anbindung an die Arztpraxis
Auch eine elektronische Gesundheitsakte (eGA), die Arzt und Patient gemeinsam nutzen können, ist laut Schumacher bereits verfügbar. Das Besondere dabei: „Die Akte ,Meine Gesundheit‘ hat als einzige Lösung Zugang zur letzten Meile“, betonte der AXA-Experte. Im Unterschied zu den anderen derzeit konzipierten elektronischen Gesundheitsakten habe diese Lösung eine direkte Anbindung an die Arztpraxen. Der Arzt könne direkt aus seiner Praxissoftware heraus Daten in die Akte laden und mit einem Zeitstempel versehen. Für weiterbehandelnde Ärzte sei zudem sichtbar, von welchem Arzt die eingestellten Daten stammten, betonte Schumacher.
Man habe den Kontakt zu den Praxissoftwareherstellern gesucht, weil klar sei: „Die Daten der Versicherungen sind nie so gut wie die Daten der Ärzte. Daher brauchen wir die Ärzte.“ Die Ärzte wollten jedoch einfache Prozesse und keine administrative Zusatzarbeit. Durch die Sicherstellung der „letzten Meile“ sei bei der eGA „Meine Gesundheit“ die Datenbefüllung der Akte integraler Bestandteil des ärztlichen Workflows – ein aus Sicht Schumachers unschätzbarer Vorteil des Systems.
Die Macht der Masse
Indessen haben sich bislang nicht alle Unternehmen der PKV-Branche für dieses System entschieden. Vier Versicherer sind bei dem eGA-Projekt „Vivy“ des IT-Dienstleisters Bitmarck mit dabei, an dem außerdem ein Verbund von 90 Krankenkassen, überwiegend aus dem Bereich der Betriebs- und Innungskrankenkassen, beteiligt ist. Die systemübergreifende Lösung werde damit potenziell für 20 Millionen gesetzlich Versicherte und fünf Millionen privat Voll- und Zusatzversicherte bereitstehen, erläuterte der Vorstandsvorsitzende der DAK Gesundheit, Andreas Storm.
„Vivy ist eine App, mit der der Versicherte seine Patientendaten selbst verwalten kann“, sagte Storm. Das Thema der Patientensouveränität sei entscheidend für die Akzeptanz einer solchen Lösung. Vivy werde bei der DAK voraussichtlich am 17. September an den Start gehen, kündigte der DAK-Chef an.
„Digitalisierung wird unser Gesundheitswesen und auch die Gestalt von Krankenversicherungen dramatisch verändern“, betonte Storm. „Wir stehen vor einem Dammbruch, der das Potenzial hat, auch die ärztliche Behandlung deutlich zu verändern.“
Der Patient könne sich seine Daten in die Akte einspielen lassen. Die Ärzte müssten sich daran gewöhnen, diese Dienstleistung zu erbringen. Dabei müsse sichergestellt sein, dass die medizinischen Daten, die der Versicherte auf die App lädt, nicht verändert werden können. Die dadurch verfügbare digitale Patientenhistorie ermöglicht laut Storm künftig eine andere Qualität für die ärztliche Diagnosestellung und Therapie.
Als weitere eGA-Konzepte im Gesundheitsmarkt, die derzeit im Wettbewerb entwickelt und erprobt werden, gibt es die gemeinsame Lösung der Techniker Krankenkasse und IBM (TK-Safe) sowie das als dezentrales System angelegte Gesundheitsnetzwerk des AOK-Verbunds.
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