Medizin

EMA: Tocilizumab bei schwerem COVID-19 zugelassen

  • Mittwoch, 8. Dezember 2021
/felipecaparros, stock.adobe.com
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Amsterdam – Der Interleukin-6-Antagonist Tocilizumab, der seit 2009 zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen ist, darf jetzt in Europa auch offiziell zur Behandlung von COVID-19 eingesetzt wer­den. Der Hersteller erhielt gestern eine Zulassung, nachdem sich die WHO bereits im Juli für den Einsatz von Interleukin-6-Antagonisten ausgesprochen hatte.

Bei schweren Erkrankungen mit COVID-19 kann es zu einer Überaktivierung des angeborenen Immun­systems kommen mit einer vermehrten Bildung von Interleukin 6, was auch als Zytokinsturm bezeichnet wird. Eine Reihe von randomisierten Studien hat gezeigt, dass in dieser Situation die Behandlung mit einem Interleukin-6-Antagonisten die Überlebenschancen verbessert. Tocilizumab erreicht dies durch die Blockade des Rezeptors an den Zielzellen des Immunsystems.

Die positive Bewertung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der europäischen Arzneimittel­agentur EMA gründet sich auf den Ergebnissen der RECOVERY-Studie. Dort waren 4.116 Erwachsene, die mit schwerem COVID-19 im Krankenhaus mit Sauerstoff behandelt wurden oder bereits mechanisch beatmet werden mussten, auf eine Infusion mit Tocilizumab in einer Dosis von 400 mg bis 800 mg (je nach Gewicht) oder eine Standardbehandlung randomisiert worden. Endpunkt war die 28-Tage-Sterblichkeit.

Nach den Anfang Mai im Lancet (2021; DOI: 10.1016/S0140-6736(21)00676-0) publizierten Ergebnissen starben 621 von 2.022 (31 %) der mit Tocilizumab behandelten Patienten gegenüber 729 von 2.094 Pa­tienten (35 %) unter einer alleinigen Standardbehandlung. Die Rate Ratio von 0,85 zeigte mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,76 bis 0,94 einen signifikanten Überlebensvorteil durch die Behandlung mit Tocilizumab an.

Darüber hinaus konnten 1.150 von 2.022 Patienten (57 %), die mit Tocilizumab behandelt wurden, das Krankenhaus innerhalb von 28 Tagen verlassen, verglichen mit 1.044 von 2.094 Patienten (50 %) in der Vergleichsgruppe. Auch hier war die Rate Ratio von 1,22 mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,12 bis 1,33 signifikant.

Die Behandlung mit Tocilizumab sollte in Kombination mit Kortikosteroiden erfolgen, was seit dem letz­ten Jahr Standard ist. In der RECOVERY-Studie war es bei den wenigen Patienten, die keine Steroide er­halten hatten, in der Tocilizumabgruppe zu einem tendenziellen Anstieg der Todesfälle gekommen (Rate Ration 1,16; 0,91-1,48).

Die Zulassung von Tocilizumab war allgemein erwartet worden. Die US-Arzneimittelagentur FDA hatte dem Hersteller bereits im Juni eine Notfallzulassung erteilt. Das Mittel wurde inzwischen in weiteren Ländern zugelassen. Im September 2021 erhielt der indische Hersteller Hetero eine Notfallzulassung zur Herstellung einer generischen Version von Tocilizumab zur Behandlung von COVID-19 bei Erwachsenen.

rme

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