Erfahrungen aus Coronakrise: Ärztevertreter rufen Regierungen zum Pandemiecheck auf

Wien – Die Politik sollte Lehren aus der Coronapandemie ziehen, umfassende Pandemiepläne entwickeln und diese auch regelmäßig testen. Grundlage sollte eine sachliche Fehleranalyse in allen Ländern sein. Dazu haben die deutschsprachigen Ärzteorganisationen aufgerufen und für eine wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme der Coronaschutzmaßnahmen plädiert.
Eine Art Forderungskatalog hatten am 2. und 3. Juli in Wien Ärztevertreter aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol und Luxemburg in einem Communiqué verabschiedet. An der Konsultativtagung, die einmal jährlich stattfindet, nahmen neben Vertretern der Bundesärztekammer Repräsentanten der Österreichischen Ärztekammer, der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, des Collège Médical in Luxemburg sowie der Ärzte- und Zahnärztekammer der Autonomen Provinz Bozen teil.
Aus Sicht der Organisationen kann nur eine wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme mit detaillierter Fehleranalyse als Basis für angemessene Schutzmaßnahmen zukünftiger Pandemien dienen, um nicht erneut mit „undifferenzierten Lockdownmaßnahmen medizinische wie gesellschaftliche Verwerfungen zu riskieren“, wie es hieß.
Die Vertretern der Ärzteschaft betonten, dass politisches Handeln in der Pandemie anders als bisher eine breite, gesicherte wissenschaftliche Basis benötige. Die Zusammenarbeit zwischen Ärzteschaft und Politik sei dabei zentral. Nur so könne wissenschaftliche Expertise in den gesellschaftspolitischen Diskurs eingebracht werden.
Unter anderem sprechen sich die Ärztevertreter in ihrem Communiqué dafür aus, Impfdaten mit den Daten zu COVID-19-Erkrankungen zu verknüpfen, um Impfdurchbrüche zeitnah zu erkennen und Anpassungen bei Impfstoffen rasch umzusetzen. Die anonymisierte Verknüpfung von Medikamentendaten mit Daten zu Erkrankungen könne helfen, rasch Medikamente zu identifizieren, die eine Genesung unterstützen, erklärten die Mediziner.
Darüber hinaus sollten Langzeitfolgen und Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung in Studien analysiert werden. Das gelte für die physische Ebene ebenso wie für die psychische und soziale. Die Ärzteorganisationen warnten in ihrem Beschluss vor langfristigen, gravierenden Kollateraleffekten infolge sozialer Isolation. Diese Folgen gelte es insbesondere für Kinder wie für ältere Menschen genauestens zu analysieren.
Zudem sollte es Ziel sein, dass Europa künftig im Bereich wichtiger Medizinprodukte und Arzneimittel sowie in der medizinischen Forschung und Entwicklung möglichst unabhängig agieren kann. Dann erst könne Europa zügig auf Gesundheitskrisen reagieren und eine hohe Qualität in der Versorgung auch in Pandemiezeiten sicherstellen.
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