Erneut Ärger um Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche

Berlin – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat mit scharfen Äußerungen zu Schwangerschaftsabbrüchen neuen Ärger in der Großen Koalition (GroKo) provoziert. Zu Bestrebungen der SPD, das Werbeverbot für solche Eingriffe abzuschaffen, sagte der CDU-Politiker der Bild am Sonntag, ihn wunderten die Maßstäbe.
„Wenn es um das Leben von Tieren geht, da sind einige, die jetzt für Abtreibungen werben wollen, kompromisslos. Aber in dieser Debatte wird manchmal gar nicht mehr berücksichtigt, dass es um ungeborenes menschliches Leben geht“, so Spahn. Von SPD und Opposition erntete er umgehend heftigen Widerspruch.
Es geht um Information, nicht um Werbung
„Ich verlasse mich auf das Wort der Kanzlerin, die zugesagt hat, eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden“, sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD). Es gehe nicht um Werbung, sondern um Information. „Daran muss jetzt die gesamte Bundesregierung arbeiten“, sagte Barley. Ärzte bräuchten Rechtssicherheit und Frauen Unterstützung in einer Krisensituation. SPD-Fraktionsvize Katja Mast sagte, Spahns durchsichtige Effekthascherei nerve. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warf Spahn vor, mit Zuspitzung zu spalten, was ungut für die Debatte sei.
Die Fraktionschefs von Union und SPD hatten sich darauf verständigt, dass die Regierung einen Vorschlag in dieser Frage vorlegen soll. Die SPD zog daraufhin einen Antrag für ein Aus des Strafgesetzbuch-Paragrafen 219a zurück, der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Diese sind in Deutschland grundsätzlich verboten, aber in Ausnahmen oder nach Beratung der Frau unter Bedingungen möglich. Der Paragraf 218ff, der dies regelt, ist ein nach langen Debatten gefundener Kompromiss. Im vergangenen Jahr wurden rund 101.200 Abbrüche vorgenommen.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter monierte, wieder versuche sich Spahn mit Hardliner-Positionen zu profilieren, „diesmal auf Kosten von Frauen in Notlagen und in Gewissensnöten“. Es gehe um leichteren Zugang zu sachlichen Informationen und nicht um kommerzielle Werbung.
Linke-Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte kommentierte: „Immer wieder sonntags: Jens Spahn muss etwas Rückschrittliches erklären.“ Linke und Grüne fordern eine Streichung des umstrittenen Gesetzes, während die FDP für eine Abschwächung eintritt. Union und AfD wollen das Gesetz beibehalten.
Spahn hatte erst am vergangenen Wochenende für Wirbel gesorgt. Da ging es um Hartz-IV-Sozialleistungen, die „nicht Armut“ bedeuteten, sondern die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut seien. Mit dem Schutz ungeborenen Lebens griff er nun ein Reizthema auf, das Konservative in der Union umtreibt. Den vor Jahren gefundenen Kompromiss zu Abtreibungen solle man nicht leichtfertig gefährden, mahnte Spahn. Und fügte hinzu: „Das ist keine ärztliche Leistung wie jede andere – und selbst für die gelten bei der Werbung strenge Regeln.“
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