Politik

Erste Pläne zum Infektions­schutzgesetz vorgelegt

  • Montag, 8. November 2021
/picture alliance, dpa
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Berlin – Ein erster Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes sowie für die „Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ haben die drei Ampelfraktionen aus SPD, Grünen und FDP vorgelegt.

Wie aus dem Entwurf, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, hervorgeht, sollen viele der bisherigen Re­ge­lungen wie die Abstandsgebote, Maskenpflicht, Verpflichtung zu Hygienekonzepten und die Sammlung und Verarbeitung der Personendaten von Gästen verlängert werden. Ebenso bekommen die Bundeslän­der die Möglichkeit, 2G oder 3G für Veranstaltungen zu erlassen.

Änderungen wie kostenfreie Coronatests oder oder die 3-G-Regelung am Arbeitsplatz sollen ebenso kommen, heißt es in einem Schreiben an die Fraktionen. Sie sind aber in dem vorliegenden Entwurf nicht enthalten.

Neu ist, dass Arbeitgeber in bestimmten Einrichtungen zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus Beschäftigtendaten zum Impf- und Serostatus verarbeiten können. Weiterhin sollen Arbeitgeber prüfen, ob weitere Home-Office-Regelungen umgesetzt werden.

Sonderregelungen zum Kinderkrankengeld sollen von 2021 auf 2022 ausgeweitet werden. Ebenso neu ist die Strafbarkeit bei der Fälschung von Gesundheitszeugnissen oder Impfausweisen. Hier droht Aus­stellern wie Nutzern künftig eine Geld- oder Gefängnisstrafe.

Die Ampel-Fraktionen wollen laut dem Gesetzentwurf einen „bundeseinheitlich anwendbaren Katalog möglicher Schutzmaßnahmen“ ins Infektionsschutzgesetz aufnehmen. Dieser soll es ermöglichen, auch nach dem Auslaufen der epidemischen Notlage nationaler Tragweite am 25. November „je nach Entwick­lung der aktuellen Lage erforderliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen“, wie es in dem Entwurf heißt. Die neuen Maßnahmen sollen bis zum 19. März gelten.

Der neue Katalog sei „auf Maßnahmen beschränkt, die in der gegenwärtigen Phase der Pandemiebekäm­pfung sinnvoll und angemessen sein können“, heißt es in dem Gesetzentwurf. „Die je nach der regionalen Situation in den Bundesländern differenzierte Anwendung bleibt gewährleistet.“

Die „Ampel“ will zudem den vereinfachten Zugangs zu den sozialen Sicherungssystemen bis zum 31. März 2022 verlängern. Damit soll „sichergestellt werden, dass diejenigen, die weiterhin unter den wirt­schaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie leiden, auch künftig möglichst einfach und schnell die nötige Unterstützung erhalten“, heißt es in dem Entwurf.

Spekulationen hatte es im Vorfeld des Entwurfs über mögliche Anschreiben von Ärzten an ihre Patienten gegeben. Demnach sollten Hausärzte angeblich die Patienten über 70 Jahren per Post zur Auffrischim­pfung einladen. Diese Pläne sind aber im derzeitigen Entwurf nicht enthalten.

„Wer verlangt, Ärzte sollen die Patienten einladen, lebt fern der Realität. Das ist Unsinn, und ist schlicht und ergreifend nicht machbar“, erklärte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bun­desvereinigung (KBV), in einer ersten Reaktion auf diese mögliche Idee.

„Das Abtelefonieren von Patienten würde sämtliche Ressourcen binden und tagesfüllend sein, zudem könnten Patienten von gleich mehreren Praxen angesprochen werden, da ja ein behandelnder Arzt nicht automatisch weiß, bei wie vielen Kolleginnen und Kollegen sich der Patient außerdem noch in Behand­lung befindet", sagte Gassen weiter.

Aus seiner Sicht sollten Gesundheitsbehörden der Bundesländer oder die Krankenkassen zum Impfen einladen. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte hätten gezeigt, dass sie das Impfen bewältigen könnten. „Sie sind in der Lage, rund 3,4 Millionen Impfungen pro Woche zu schaffen. Das geht aber nur, wenn sie impfen, impfen und impfen – und sich nicht auch noch mit überbordender Bürokratie beschäftigen müssen.“

Aus der Politik werden unterdessen weitere Anstrenungen zum Impfen gefordert – besonders auch zur Erst- und Zweitimpfung. So sei die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „seit Wochen über die Entwicklung der Pandemie sehr besorgt“, sagte ihr Sprecher Steffen Seibert heute.

Seibert appellierte in Merkels Namen erneut an die Bevölkerung, die Impfangebote wahrzunehmen. Je­der, der sich impfen lassen könne, solle dies tun. Es gebe einen „klaren Zusammenhang“, betonte Seibert: In den deutschen Regionen, wo die Impfquoten am geringsten sind, sei die Situation momentan „am schlimmsten“.

Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt forderte Anstrengungen, damit sich mehr Menschen in Deutschland impfen lassen. Dafür müssten auch zusätzliche Möglichkeiten geschaffen wer­den, um die Vakzine verabreichen zu können. Die derzeitige Situation sei vor allem heraufbeschworen worden durch Menschen, die sich bewusst und aktiv nicht impfen lassen wollten. Einige davon ließen sich von der Impfung überzeugen, wenn es um 2-G-Regelungen gehe.

Merkel unzufrieden

Seibert trug auch Kritik Merkels am Handeln von Bund und Ländern in der Pandemie vor. So seien die Be­schlüsse der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) zu Pflege- und Altenheimen „nicht präzise genug“. Es müsse dort für Mitarbeitende und Besucher eine tägliche Testpflicht geben. Auch müssten die Auf­frischimpfungen für die Bewohner der Heime zügig organisiert werden. Generell solle den Menschen in Pflege- und Altenheimen aktuell „unser Hauptaugenmerk“ gelten.

Unzufrieden ist Merkel auch damit, wie der Hospitalisierungsindex als wichtiger Indikator für die Corona­lage genutzt wird. „Was die Bundeskanzlerin vermisst, das ist eben eine Einigung von Bund und Ländern darauf, ab welchem Wert des Hospitalisierungsindexes zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen wären“, sagte Seibert.

Für eine mögliche Konferenz mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sei Merkel „jeder­zeit“ offen und habe dafür „Sympathie“, sagte Seibert. Jedoch gebe es in dieser Frage derzeit keine Einig­keit unter den Bundesländern.

Für eine baldige Bund-Länder-Runde hatte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), geworben, dagegen ist unter anderem Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD).

Zu vieldiskutierten Frage, ob die Coronaschnelltests in öffentlichen Testzentren wieder kostenfrei sein sollen, sagte Seibert, Merkel könne nachvollziehen, dass darüber nachgedacht werde. Sie begleite die Überlegungen „durchaus positiv“.

Explizit für eine vorübergehende Rückkehr zur Kostenbefreiung sprach sich der Sprecher des Bundes­gesundheitsministeriums aus. Der geschäftsführende Minister Jens Spahn (CDU) führe dazu Gespräche mit den Ampel-Parteien, sagte er.

bee/afp

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