Erzieher und Praxispersonal häufig von Corona betroffen

Schwerin – Kindertagesstätten und Arztpraxen in Mecklenburg-Vorpommern haben in der ersten Hälfte dieses Jahres besonders stark unter coronabedingten Personalausfällen gelitten.
Wie eine Analyse der Krankschreibungen von Versicherten der AOK Nordost ergab, meldeten sich zwischen dem 1. Januar und dem 30. Mai 17,9 Prozent der dort versicherten Erzieherinnen und Erzieher nach einer ärztlich diagnostizierten Coronainfektion krank.
Die Quote habe damit doppelt so hoch gelegen wie im Durchschnitt aller Berufsgruppen im Land (9,4 Prozent), teilte die Krankenkasse heute mit. Krankmeldungen zwischen 13 und 17 Prozent wurden auch für medizinische und zahnmedizinische Fachangestellte, Bankkaufleute, Verwaltungsmitarbeiter, Physiotherapeuten und Altenpfleger ermittelt.
Im Durchschnitt fehlten die Betroffenen knapp zehn Tage bei der Arbeit. Auch andere Krankenkassen hatten besonders hohe Infektionsquoten bei Beschäftigen in Betreuungs- oder Pflegeberufen registriert. Betroffen waren und sind auch viele Krankenhäuser.
Die Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost, Daniela Teichert, nahm die hohen Krankenstände zum Anlass, von der Politik ein zielgerichtetes Konzept zur Eindämmung der Pandemie zu fordern. „Die Bundesregierung sollte sich nun zeitnah auf eine neue Rechtsgrundlage für Coronaschutzmaßnahmen einigen, damit im Hinblick auf den Herbst zielgenaue Schutzmaßnahmen möglich sind“, sagte sie. An die Arbeitgeber appellierte Teichert, die Erfahrungen der vergangenen Monate auszuwerten und selbst Schutzmaßnahmen für ihre Belegschaften zu ergreifen.
Für die Analyse hatte das wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen laut AOK rund 13.600 Krankschreibungen von AOK-Versicherten aus Mecklenburg-Vorpommern ausgewertet. Nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen ist die AOK im Nordosten mit mehr als 400.000 Versicherte die größte Krankenkasse im Land.
Wie aus Daten der deutlich KKH Kaufmännischen Krankenkasse hervorgeht, sorgt nicht allein das Coronavirus für Personalengpässe in Unternehmen und Einrichtungen. Im ersten Halbjahr seien Arbeitnehmer vermehrt auch wegen grippaler Infekte, Schnupfen oder Bronchitis ausgefallen.
Bundesweit gingen 30 Prozent der Krankheitsfälle bei Berufstätigen auf Atemwegserkrankungen zurück. In der ersten Hälfte des Vorjahres, als wegen der Coronapandemie Kontaktbeschränkungen und verschärfte Maskenpflicht herrschten, habe der Anteil mit 14 Prozent nur halb so hoch gelegen.
Krankschreibungen im Job haben auch nach einer Auswertung der DAK-Gesundheit im ersten Halbjahr stark zugenommen. Auf 100 Beschäftigte kamen von Januar bis Ende Juni 788 Fehltage und damit 115 Tage mehr als in den ersten sechs Monaten vergangenen Jahres, wie eine Analyse der Kasse nach eigenen Versichertendaten ergab.
Gründe des Anstiegs sind auch bei der DAK vor allem viele Atemwegserkrankungen, aber auch Coronaausfälle von Beschäftigten. Die Zahl der Fehltage wegen Husten, Schnupfen oder grippalen Infekten ging nun laut der Auswertung auf 133 Tage je 100 Versicherte hoch – nach 48 Tagen im ersten Halbjahr 2021.
Atemwegserkrankungen waren damit hinter Rückenleiden und anderen Muskel-Skelett-Problemen die zweithäufigste Ursache fürs Fehlen wegen Arbeitsunfähigkeit mit einem Anteil von 16,9 Prozent. Ausfälle wegen Corona legten demnach ebenfalls auf nun 64 Fehltage je 100 Versicherte zu – nach zwölf Fehltagen mit Coronabezug im ersten Halbjahr 2021.
„Parallel zu der schrittweisen Lockerung der Coronaeinschränkungen im März 2022 konnte sich eine ausgeprägte Erkältungs- und Grippewelle entwickeln“, erläuterte die DAK. Sie sei von einer hochansteckenden Omikron-Variante begleitet worden, die so viel Arbeitsausfall in deutschen Unternehmen bewirkt habe wie keine Variante zuvor. Für die Analyse wurden den Angaben zufolge Daten von 2,3 Millionen bei der Kasse versicherten Erwerbstätigen ausgewertet.
Vorstandschef Andreas Storm sagte: „Eine Krankschreibung per Telefon muss zu einer dauerhaften Lösung werden und nicht immer wieder zur Debatte stehen.“ Dafür sollte gleich nach der Sommerpause eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.
Storm begrüßte zugleich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sich Anfang August mit einer Wiedereinführung der telefonischen Krankschreibung in der jetzigen Coronawelle befassen will. Nach Auslaufen einer Sonderregelung müssen Patienten seit dem 1. Juni dafür wieder in die Praxis gehen.
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