Ethikrat sieht Regulierungsbedarf bei der Embryonenspende

Berlin – Der Deutsche Ethikrat fordert den Gesetzgeber auf, rechtliche Lücken bei der Weitergabe von überzähligen Embryonen, die unbeabsichtigt bei der künstlichen Befruchtung entstanden sind, zu schließen. In seiner heute in Berlin präsentierten Stellungnahme legt er Empfehlungen vor, wie Embryospende, Embryoadoption und Übernahme elterlicher Verantwortung geregelt werden könnte. Besonderen Wert legt er dabei darauf, dass nur überzählige Embryonen gespendet werden dürfen, also solche Embryonen, die für die fortpflanzungsmedizinische Behandlung des Paares, für das sie erzeugt wurden, endgültig nicht mehr verwendet werden können.
Grundsätzlich hält der Ethikrat Embryospenden für statthaft, mahnt jedoch an, die sogenannte Dreierregel, mit der im Embryonenschutzgesetz eine Überproduktion verhindert werden sollte, zu präzisieren. Er empfiehlt ferner, die Elternschaft und die Rechte und Pflichten der Beteiligten rechtlich festzulegen und Embryospenden oder Embryoadoptionen nur im Rahmen eines zu schaffenden, staatlich geregelten Verfahrens zuzulassen.
Die Kenntnis der Abstammung sollte geregelt werden
Gleichzeitig sollen nach seiner Ansicht die Rechte des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung geregelt werden. In seiner Stellungnahme verweist der Rat dabei auf die vielfältigen Konflikte, die mit einer Embryospende/Embryoadoption verbunden sein können, wie beispielsweise die Vervielfältigung von Elternrollen oder unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie das Kind aufwachsen soll. Das Kindeswohl müsse jedoch die wesentliche normative Maßgabe für die Ausgestaltung der Embryospende/Embryoadoption sein, meinen die Ratsmitglieder.
„Die Spende von Embryonen kann zumindest einigen überzähligen Embryonen Lebenschancen eröffnen; zugleich kann sie den Kinderwunsch von Personen erfüllen, die keine eigenen Kinder zeugen können oder wollen“, sagte Christiane Woopen, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. Je höher man den moralischen Status des Embryos in vitro ansetze, desto wichtiger sei es, die Entstehung überzähliger Embryonen zu vermeiden.
Überzähligen Embryonen die Lebensperspektive nicht verwehren
„Gleichzeitig gibt es gute Gründe, den überzähligen Embryonen, die dennoch im Rahmen der Reproduktionsmedizin entstanden sind, eine vorhandene Lebensperspektive nicht zu verwehren“, betonte sie.
Anlass für die Stellungnahme sei die Tatsache gewesen, dass spätestens seit 2013 auch in Deutschland überzählige Embryonen zur Austragung und dauerhaften Übernahme elterlicher Verantwortung durch Dritte freigegeben würden, sagte die Ratsvorsitzende. Zwar habe der Gesetzgeber mit dem Embryonenschutzgesetz von 1990 eine Weitergabe befruchteter Eizellen verhindern wollen, doch durch unterschiedliche Auslegung der „Dreierregel“ (nach der höchstens drei Embryonen pro Zyklus für die künstliche Befruchtung erzeugt beziehungsweise der Frau eingesetzt werden dürfen) bestünde eine Gesetzeslücke, die geschlossen werden müsse, sagte die Medizinethikerin. Denn bei vielen In-Vitro-Verfahren würden tatsächlich mehr Eizellen befruchtet, als am Ende ausgetragen würden.
Konkret sind dem Ethikrat zufolge bis Ende 2015 57 Embryonen gespendet und dann 45 einer anderen Frau eingesetzt wurden. Von den 124 fortpflanzungsmedizinischen Zentren, die in Deutschland die künstliche Befruchtung durchführen, haben sich 21 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, in dem solche Spenden organisiert werden. Bisher kam es auf diesem Wege jedoch nur zu 15 Schwangerschaften und sieben Geburten.
Für die Zukunft schlägt der Ethikrat vor, eine zentrale Einrichtung mit der Zuordnung von Spender- und Wunscheltern nach ausgewiesenen Kriterien zu betrauen. Die Einrichtung sollte ebenfalls die Zahl der freigegebenen Embryonen, die Zahl der Embryotransfers und der transferierten Embryonen sowie die Zahl der Schwangerschaften und Geburten dokumentieren. Gleichzeitig empfiehlt er die Einrichtung einer zentralen Dokumentationsstelle, bei der jedes Kind ab Vollendung des 16. Lebensjahres das Recht auf eine Auskunft hat, ob und welche Informationen zu seiner genetischen Herkunft vorhanden sind.
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