Ausland

EU-Kommission will Regeln für Blut- und Gewebespenden vereinheitlichen

  • Freitag, 15. Juli 2022
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Brüssel – Um den Mangel an Blut- und Gewebespenden zu bekämpfen und die Qualität entsprechender Be­handlungen zu verbessern, hat die EU-Kommission gestern neue Vorschriften vorgelegt. Vorgesehen ist, die Regeln für Blut- und Gewebespenden innerhalb der Europäischen Union (EU) künftig zu vereinheitlichen und die Sicherheit von Spendern und Empfängern zu verbessern.

Konkret sollen künftig alle Substanzen menschlichen Ursprungs (Substances of Human Origin – SoHO) regu­liert werden. Neu erfasst wird damit beispielsweise Muttermilch. Neben Blut, Gewebe und Zellen gehören da­zu aber auch Mikrobiota.

Strengere Vorschriften sollen die Qualität und Sicherheiten der Substanzen künftig verbessern. Der Vorschlag bedeute mehr Sicherheit für die EU-Bürgerinnen und Bürger, wenn sie menschliche Substanzen spenden oder empfangen, schreibt die Kommission in einer Mitteilung.

Spender sollen künftig besser vor Ausbeutung und vor Gefährdung ihrer eigenen Gesund­heit geschützt wer­den. Gleichzeitig will der Vorschlag sicherstellen, dass sie nicht vom Spenden abgeschreckt werden. Die finan­zielle Neutralität für Spender soll sichergestellt werden.

Eine Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs dieser „kritischen Gesundheitsprodukte“ ist eben­falls geplant. Außerdem werde nun ein gemeinsames Verfahren zur Bewertung und Zulassung von SoHo-Prä­paraten angestrebt, das in einem angemessenen Verhältnis zu den damit verbundenen Risiken steht.

Koordinierungsgremium und Plattform geplant

Der Vorschlag sieht weiter vor, dass alle Stellen registrierungspflichtig sind, deren Tätigkeiten für die Sicher­heit und Qualität der Substanzen relevant sind. Und: Nach den Plänen der EU-Kommission soll ein SoHO-Ko­ordinierungsgremium unter Beteiligung sowie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten eingerichtet werden, um die einheitliche Umsetzung der neuen Verordnung zu unterstützen.

Das Fachwissen bestehender Fachgremien in Europa, insbesondere des Europäischen Zentrums für die Prä­vention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) werde zudem eingesetzt, um die technischen Leitlinien auf dem neuesten Stand zu halten.

Daneben soll es auch eine SoHO-Plattform in der EU geben, mit der alle erforderlichen Daten erhoben und die Sichtbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger erhöht werden. Diese „wird der Digitalisierung neue Impulse geben“, erklärte die Kommission.

„Dank der strengeren Vorschriften, die wir heute vorschlagen, können sich unsere Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen, dass für diese lebenswichtigen Produkte die höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards gelten, sei es in der Krebstherapie oder bei Notoperationen“, sagte die EU-Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Stella Kyriakides.

COVID-19 habe überdeutlich gezeigt, wie wichtig belastbare Gesundheitssysteme seien. „Und heute ergänzen wir unsere Europäische Gesundheitsunion um ein weiteres wichtiges Element“, erklärte Kyriakides.

Eine 2019 veröffentlichte Auswertung der bisherigen Rechtsvorschriften hatte ergeben, dass Nachbesserun­gen bei der nationalen Überwachung der Substanzen nötig sind. Die unterschiedlichen Ansätze der Über­wa­chung führten zu einem geringeren gegenseitigen Vertrauen und Hindernissen in Bezug auf Austausch und Zugang zu Therapien mit entsprechenden Substanzen, schreibt die Kommission.

Bisherige Rechtsvorschrift ist veraltet

Hintergrund für die geplanten Änderungen ist auch, dass inzwischen nicht nur neue Bedrohungen durch In­fektionskrankheiten entstanden sind, sondern sich die Technologie für die Verarbeitung von Blut, Gewebe und Zellen in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt hat. Mit diesem technischen Fortschritt konnten die Rechtsvorschriften nicht Schritt halten, so die Kommission.

In den vergangenen Monaten sei die Zahl der Spender für Blut, Gewebe und Zellen in der EU deutlich zurück­gegangen, unter anderem coronabedingt, äußerte sich auch Tiemo Wölken (SPD), gesundheitspolitischer Spre­cher der Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament zu dem Vorhaben der Kommission.

Diese Spenden würden nicht nur für die Rettung und Behandlung von Unfallopfern benötigt, sondern auch bei bestimmten Immunkrankheiten, Krebspatienten und planbaren Operationen, sowie für aus Blut herge­stellte Medikamente.

„Laut Rotem Kreuz werden alleine in Deutschland 14.000 Blutspenden täglich benötigt.“ Die Verordnung soll EU-weite Standards schaffen und so auch einen besseren grenzüberschreitenden Zugang für Patientinnen und Patienten schaffen, betonte Wölken.

Der Vorschlag der EU-Kommission soll zwei Richtlinien für Blut und für Gewebe/Zellen zusammenführen, die 2002 und 2004 erlassen wurden. Die geplante Änderung geht nun in das Gesetzgebungsverfahren des Euro­päischen Parlaments und des Rates der EU-Mitgliedstaaten. Dort wird der Vorschlag geprüft und erörtert, bis eine Einigung über den endgültigen Wortlaut erzielt wird.

Jährlich werden 25 Millionen Bluttransfusionen für Patienten der Chirurgie und Traumatologie in der EU be­nötigt, informierte die EU-Kommission. Bei Blutkrebs werden zudem mehr als 36.000 Stammzelltransplanta­tionen durchgeführt und Therapien der medizinisch unterstützten Fortpflanzung tragen zur Geburt von 165.000 Kindern bei.

EU-weit werden zudem 14.500 Hornhauttransplantationen zur Wiederherstellung des Sehvermögens sowie 2.000 Hauttransplantationen bei Verbrennungswunden und anderen Verletzungen jährlich vorgenommen.

cmk

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