F. nucleatum: Parodontose-Erreger ist ständiger Begleiter von Darmkrebszellen

Boston – Fusobacterium nucleatum, ein im Mundraum beheimatetes Bakterium, das an der Entstehung der Parodontose beteiligt sein soll, lebt im Darm in enger Symbiose mit Darmkrebstumoren. Das Bakterium begleitet die Krebszellen auch bei der Metastasenbildung. Es ist dann in der Leber nachweisbar, und in tierexperimentellen Krebsübertragungen in Science (2017; doi: 10.1126/science.aal524) hielt das Bakterium den Tumorzellen über mehrere „Generationen“ die Treue. Die Vernichtung mit dem Antibiotikum Metronidazol führte laut einem Bericht zur Verkleinerung der Tumore.
Seit Matthew Meyerson und Mitarbeiter vom Dana-Farber-Cancer-Institute in Boston F. nucleatum in Darmkrebstumoren nachgewiesen haben, rätselt die Forschung darüber, ob das Bakterium nur die günstigen Wachstumsbedingungen im nekrotisierenden Zentrum des Tumors nutzt oder ob mehr dahinter steckt. Könnte das Bakterium am Ende sogar das Tumorwachstum fördern oder sogar den Anstoß für das Krebswachstum gegeben haben, so wie H. pylori ein Auslöser von Magenkrebs ist?
Dass F. nucleatum die Ursache von Darmkrebs ist, glaubt heute kein Forscher. Eine wachstumsfördernde Wirkung wird jedoch für möglich gehalten. Auf jeden Fall scheint es eine symbiotische Beziehung zwischen dem Keim aus der Mundhöhle und dem Tumor am anderen Ende des Gastrointestinaltraktes zu geben, wie die neueste Publikation von Meyerson zeigt.
Die Forscher haben die Lebermetastasen von Darmkrebspatienten untersucht. In mehreren Fällen fanden sie F. nucleatum sowohl im Primärtumor als auch der Tochtergeschwulst. In primären Leberkarzinomen wurden die Bakterien dagegen nicht gefunden. Ein genetischer Vergleich zwischen F. nucleatum im Darmkrebs und seiner Lebermetastase ergab, dass die Erreger identisch waren. Die Tumorzellen nehmen also das Bakterium mit, wenn sie sich auf Reise begeben und Kolonien bilden. Wenn die Primärtumore nicht mit F. nucleatum besiedelt waren, fehlte das Bakterium auch in den Lebermetastasen
Die enge Beziehung zwischen Bakterium und Krebszelle zeigte sich auch in Transplantationsversuchen. Menschliche Tumore lassen sich auf immunsupprimierte Mäuse übertragen und danach von einem Tier auf das nächste weiterreichen. In einer Versuchsreihe konnte F. nucleatum noch in der vierten „Generation“ in den Xenotransplantaten nachgewiesen werden.
Schließlich untersuchten die Forscher, welchen Einfluss eine Antibiotikatherapie auf den Tumor hat. Nach der Behandlung der Mäuse mit Metronidazol kam es zu einer deutlichen Verlangsamung des Tumorwachstums. Erythromycin, gegen das F. nucleatum in der Regel resistent ist, erzielte dagegen keine Wirkung.
Ob Metronidazol auch bei Darmkrebspatienten eine Wirkung erzielt, ist bisher nicht untersucht worden. Da die Tumore lediglich im Wachstum gebremst, aber nicht vernichtet wurden, dürften im fortgeschrittenen Stadium keine allzu großen Effekte zu erwarten sein. Klären könnte dies aber nur eine klinische Studie.
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