Fachgesellschaft weist auf fehlende Inklusion in der Diabetestherapie hin

Hannover – Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) plädiert für mehr Inklusion von Menschen mit Erkrankungen oder Behinderungen in der Diabetesbehandlung. Darauf machte Dorothea Reichert, Tagungspräsidentin der Diabetes Herbsttagung, heute im Vorfeld der Konferenz aufmerksam.
Die Diabetologin prangerte an, dass Glukosesensoren und Insulinpumpen nicht barrierefrei seien. „Die Systeme fordern häufig ein erhebliches Maß an digitalem Grundverständnis, Menschen mit ausgeprägter Sehbehinderung sind von vornherein ausgeschlossen.“
Schwierigkeiten gebe es der Diabetologin zufolge vor allem bei der intensivierten Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes-Patienten, aber auch Menschen mit Typ-2-Diabetes hätten mit Problemen zu kämpfen.
Bei der intensivierten Insulintherapie wird unabhängig von den Mahlzeiten Basalinsulin gespritzt, entweder kontinuierlich mittels Pumpe oder per Injektion mit einem Langzeitinsulin. Zusätzlich sollen Patienten abhängig von der Mahlzeit ein kurzwirksames Insulin injizieren.
„Können Menschen mit Diabetes Typ 1 diese Aufgabe nicht oder nicht mehr übernehmen, geraten sie ganz leicht in lebensbedrohliche Situationen, weil der zeitliche Zusammenhang sowie die korrekte Berechnung nicht eingehalten werden, was zu erheblichen Unter- beziehungsweise Überzuckerungen führen kann“, sagte Reichert.
Die Diabetologin fordert, dass Hersteller digitaler Gesundheitsanwendungen verpflichtet werden, Barrierefreiheit zu gewährleisten, etwa durch Sprachausgabe an Handys.
Reichert prangerte zudem die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Sensornutzung an. Laut einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) aus dem Jahr 2016 ist die Voraussetzung für die Kostenübernahme einer Diabetestherapie mit kontinuierlicher interstitieller Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) unter anderem eine bereits erhaltene intensivierte Insulinbehandlung, in welcher der Patient geschult sein muss.
Dies sei aber nicht bei allen Patienten gegeben, sagte Reichert. Besonders betroffen seien zum Beispiel Menschen mit einem Aufmerksamkeits-Defizitsyndrom (ADHS). „Behinderungen in diesem Bereich führen häufig dazu, dass Betroffene die vom Medizinischen Dienst geforderten Dokumentationen zu ihrem Alltag mit Erfassung von Essen, Zuckerhöhe, Insulinmenge, aber auch Faktoren wie Sport et cetera nicht in der geforderten Qualität vorlegen können.“
Damit würden sie von Systemen zur Automatischen Insulin Dosierung (AID) ausgeschlossen, die ihnen helfen würden. Der G-BA begründet seine Entscheidung zur rtCGM-Nutzung damit, dass die vom Sensor gelieferten Messwerte durch eine Kontrolle der Blutglukose verifiziert und kalibriert werden müssten.
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